Presserklärungen 1989
31.12.1989
Am Ende des Jahrzehnts:
„Heilige Kuh" Asyl"
nur noch Haut und Knochen
18.12.1989
WEIHNACHTSAPPELL VON PRO ASYL
„DEM KIND IN DER KRIPPE NICHT DAS STROH UNTERM HINTERN WEGZIEHEN!"
10.12.1989
WER ZU SPÄTH KOMMT;
DEN BESTRAFT DAS LEBEN !
5.12.1989
Schwäbisch-Bayrischer Kuhhandel
29.11.1989
Karlsruher Asylurteil:
Aufbauspritze für Grundrecht
17.11.1989
EINLADUNG
BEGRÜSSUNGSGELD FÜR ASYLBEWERBER
10.11.1989
Christlich-Soziale Schauermär:
Wohnungsnot Asylbewerbern angelastet
9.11.1989
SPD: AUSLÄNDRGESETZE
DER BESSERE ENTWURF
8. 11. 1989
Öffentliche Anhörung und Beratung der Grünen
zur geplanten Novellierung des Ausländergesetzes
28.9.1989
30.9.1989
TAG DES FLÜCHTLINGS
„Die Würde des Menschen ist verletzbar"
8.9.1989
Vom CDU-Bundesparteitag erwartet:
Ein Fünkchen mehr Verfassungstreue!
Ein Quentchen mehr Christlichkeit!
25.8.1989
Den Dreck kehren, wo sie nicht wohnen dürfen
Zwangsarbeit für Flüchtlinge in Baden-Württemberg
9.8.1989
Erziehungsgeld für de-facto-Flüchtlinge
7.8.1989
Asylverfahren beschleunigen o h n e
Rechtsstaat zu bremsen
31.7.1989
HUNDE JA, FLÜCHTLINGE NEIN
ASYLBEWERBER AUS WOHNGEBIETEN AUSGESPERRT
18.7.1989
Sommertheater auf dem Rücken der Flüchtlinge beenden!
2.7.1989
AKTION GEGEN SPRACHHETZE:
„Flüchtling" statt „Asylant"
25.6.1989
Ernteeinsatz keine Therapie
Arbeitsverbot für Flüchtlinge generell aufheben!
23.6.1989
Betr.: Weisung der Berliner Senatsverwaltung für Inneres über „Die Neuregelung der aufenthaltsrechtlichen
Situation von ehemaligen Asylantragstellern und von Ausländern ohne Rückkehrmöglichkeit"
MAßSTÄBE EINER NEUEN FLÜCHTLINGSPOLITIK!
24.4.1989
SCHÄUBLES ERSTER STREICH:
Anschlag auf Verfassung
13.4.1989
Aufatmen für Flüchtlinge?
PRO ASYL über Ressortwechsel Zimmermanns erleichtert
5.4.1989
Gemeinsame Presseerklärung
von terre des hommes Deutschland und PRO ASYL
Visapflicht für Kinder - Mauer gegen Unmündige
10.2.1989
An die Leitungen der Evangelischen und Katholischen Kirche In Hessen
Betr.: Glockenläuten zum Schutz der Flüchtlinge
31.1.1989
AUFRUF über die Medien
An alle Führenden und in der Öffentlichkeit bekannten
Persönlichkeiten
Aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Kultur
Aus den Kirchen, Gewerkschaften, Humanitären Organisationen,
Medien, Verbänden und Sportbünden.
Aus dem Geistesleben und dem Erziehungsbereich.
27.1.1989
EUROPA - FLUCHTBURG STATT FESTUNG
„In den letzten zehn Jahren ist eine heilige Kuh unseres Grundgesetzes, das Asylrecht, durch
Rechtsverweigerung bis zum Skelett abgemagert", erklärt Herbert Leuninger, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft
für Flüchtlinge PRO ASYL, zum Jahreswechsel. Er verweist dabei auf die regierungsamtlichen Zahlen,
wonach nur mehr fünf Prozent der Asylbewerber anerkannt würden. „Das hat mit dem Grundgesetz und
der Genfer Flüchtlingskonvention kaum noch etwas zu tun", so der Sprecher von PRO ASYL. Wenn
das neue Jahrzehnt keinen Sinneswandel bringe, drohe mit einer Änderung des Grundgesetzes sogar
die Notschlachtung dieses Prunkstücks unserer Verfassung. Politiker könnten versucht sein dafür
bei den Wahlen auch noch eine Abschlachtprämie zu kassieren.
Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe habe zum Jahreswechsel zwei Grundsatzurteile zum Asylanspruch
von Tamilen aus Sri Lanka und von Jeziden aus der Türkei veröffentlicht, die die Wende einleiten
könnten. Unzählige abgelehnte Asylanträge müssten neu verhandelt werden. Dies werde der heiligen
Kuh Asyl zwar noch kein fettes Jahrzehnt bescheren, aber vielleicht ihr Hinsiechen beenden.
„Die letzte Dekade im Jahrhundert des Flüchtlings verlangt eine nationale Anstrengung für die
Wahrung des Asylrechts und die großzügige Aufnahme von Flüchtlingen aus den Krisen- und Kriegsgebieten
der Welt", sagt PRO ASYL -Sprecher Herbert Leuninger. Die Bundsrepublik habe im letzten Jahr
bewiesen, dass sie zu außerordentlichen humanitären, wirtschaftlichen und politischen Leistungen
bereit sei, wenn sie sich auf ihre unverzichtbaren Aufgaben besinne.
„Ein Flüchtlingskind hat kein Recht auf Förderung seiner Entwicklung und auf Erziehung zu einer
eigenen verantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit". Das ist in der Einschätzung
der Arbeitsgemeinschaft PRO ASYL der Inhalt des von der Bundesregierung geplanten „Gesetzes zur
Neuordnung des Kinder- und Jugendhilferechtes".
Das Gesetz, bei dem der Bundesrat in einer ersten Stellungnahme an dem fraglichen Punkt Bedenken
angemeldet habe, solle anfangs des neuen Jahres vom Bundestag in erster Lesung beraten werden.
Obwohl der Gesetzesentwurf in § 1 dieses Recht auf Förderung seiner Persönlichkeit jedem jungen
Menschen einräume, nehme er dieses Recht und die damit verbundenen Leistungen der öffentlichen
Hand im § 5 allen Ausländern, die keine Aufenthaltserlaubnis oder eine Aufenthaltsberechtigung
besäßen. „Dies trifft besonders auf zehn Tausende Kinder von Flüchtlingen zu, die über Jahre im
Asylverfahren stehen oder nach Ablehnung ihres Asylantrags – ohne ausreisen zu müssen – nur eine
Duldung erhalten", urteilt PRO ASYL- Sprecher Herbert Leuninger.
Das sei nicht nur ein eklatanter Widerspruch zum § 1 des Gesetzentwurfes und dem Anspruch eines
sozialen Rechtsstaates, sondern stelle auch eine Verletzung der Genfer Flüchtlingskonvention dar.
Danach ist Flüchtlingen auf dem Gebiet der öffentlichen Fürsorge und sonstiger Hilfeleistungen
die gleiche Behandlung wie den eigenen Staatsangehörigen zu gewähren (GFK Art. 13).
„Politiker, die ein solches Gesetz machen, werden auch nicht davor zurückschrecken, dem Kind
in der Krippe noch das Stroh unterm Hintern wegzuziehen", so Herbert Leuninger.
„Wer zu Späth kommt, den bestraft das Leben!" Mit diesem abgewandelten Gorbatschow-Spruch
warnt die Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL die SPD vor noch weitergehender Annäherung
an die Asylpolitik des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Lothar Späth. Die im Zusammenhang
mit der heutigen Asyldebatte im Bundesrat vorgebrachten Abgrenzungen von der CDU/CSU reichten
bei weitem nicht aus, um die gerade auch von vielen SPD-Mitgliedern getragene Solidaritätsbewegung
mit Flüchtlingen zu beruhigen und die durch die bisherige Asyldebatte ramponierte Glaubwürdigkeit
der SPD wiederherzustellen.
„Es steht mittlerweile sogar mehr auf dem Spiel als die verfassungswidrige Einschränkung des
Grundrechts auf Asyl in Art. 16 und die Rechtsweggarantie in Art. 19", so PRO ASYL-Sprecher
Herbert Leuninger. Die auch von der SPD in Nordrhein-Westfalen und dem Saarland mitgetragenen
oder geforderten Maßnahmen, die den Flüchtlingen das Leben in der Bundesrepublik zur Hölle machen
sollten, seien geeignet, den Art.1 des Grundgesetzes, der die Wahrung der Menschenwürde verlangt,
außer kraft setzen.
So sei der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Johannes Rau (SPD) mit seinem Maßnahmenkatalog
vom August nur noch in einem Punkt von Späth zu unterscheiden gewesen, wo es nämlich um die von
diesem im Bundesrat eingebrachte Gesetzesvorlage zur drastischen Kürzung der Sozialhilfe für Asylbewerber
geht. Nachdem Nordrhein-Westfalen die Versorgung der Asylbewerber mit Naturalien statt mit Bargeld
beschlossen habe, sei es nur noch ein Schritt bis zur Kürzung der Sozialhilfe. Damit werde das
Fundament des Bundessozialhilfegesetzes untergraben, das jedem Empfänger der Sozialhilfe die Führung
eines Lebens, das der Würde des Menschen entspricht, ermöglichen soll.
„Gekürzte Sozialhilfe aber ist eine Deklassierung von Menschen unter das Niveau, das in der Bundesrepublik
als zur Wahrung der Menschenwürde notwendig angesehen wird", sagte Herbert Leuninger von
PRO ASYL.
Als „schwäbisch-bayrischer Kuhhandel auf Kosten der Flüchtlinge" bezeichnet Herbert Leuninger,
Sprecher der Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL, den zwischen der CSU und CDU geschlossenen
Kompromiss über das neue Ausländergesetz. Ein Entwurf, der bei der massiven Kritik von Kirchen
und Verbänden schleunigst vom Tisch hätte verschwinden müssen, werde - mit weiteren Verschlechterungen
versehen – in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht.
Die FDP stehe nun „wie der Ochs vorm Berg", nachdem sie auch der jetzigen Verschlechterung
des Entwurfs zugestimmt habe, verliere sie ihr letztes Stückchen Liberalität. „Hirsch und Frau
Funke werden mit ihrem ganzen bisherigen Ansehen einem nicht nur faulen, sondern inhumanen Kompromiss
geopfert", so Herbert Leuninger.
(Stellungnahme für epd)
Als „Aufbauspritze für ein dahinsiechendes Grundrecht" bezeichnet Herbert Leuninger, Sprecher
der Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL, das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum
Asylrecht. Darin bewerte das oberste Verfassungsgericht Verfolgungsfeldzüge und Terrormaßnahmen
von totalitären Staaten für die Asylanerkennung wesentlich anders als die vom Bundesverwaltungsgericht
geprägte Rechtssprechung. Diese hatte in einer für jeden Laien unbegreiflichen Logik dazu geführt,
dass Menschen, die vom Staat gefoltert oder ins Gefängnis geworfen worden waren, kein politisches
Asyl erhielten, weil es sich hierbei um Maßnahmen im Rahmen eines Bürgerkrieges gehandelt habe.
Diese Auslegung sei mitverantwortlich für einen Rückgang der Anerkennungsquote und die Diffamierung
vieler Asylbewerber als Wirtschaftsflüchtlinge gewesen.
„Die weit fortgeschrittene Auszehrung des Asylrechts ist mit dem Karlsruher Urteil vorerst gestoppt",
sagt Herbert Leuninger von PRO ASYL. Mehr Asylbewerber als bisher dürften jetzt auf ihre Anerkennung
hoffen. Es wäre jetzt an der Zeit, nicht nur Urteile, in denen juristische Kapriolen geschlagen
wurden, zu revidieren, sondern auch die zwielichtige Rolle des Bundesbeauftragten für Asylangelegenheiten
zu durchleuchten. Dieser habe in der Vergangenheit, gerade auf dem Hintergrund der Berliner Rechtssprechung,
Tausende Widersprüche gegen Anerkennungsbescheide aus Zirndorf eingelegt. „Damit ist er einer
der Hauptverantwortlichen für die unzumutbare Verlängerung der Asylverfahren" so Leuninger.
Dies sei umso absurder, als er dem Bundesinnenminister gegenüber weisungsgebunden sei und dieser
in der Vergangenheit nichts intensiver betrieben habe als die Verkürzung der Asylverfahren.
Veranstalter:
PRO ASYL
Basisgemeinde Frankfurt
Ort:
Flughafenkapelle, Terminal B
Empore auf der Abflugebene, danach vor Tor 3
Termin:
Sonntag, 19. November 1989
11.00 Ökumenischer Gottesdienst
12.00 Vorbereitung auf Aktion in der Kapelle
danach Begrüßung vor Tor 3
Fototermin vorgesehen.
Kontakt:
tel. Peter Roche 069 684771
Am Sonntag am Flughafen:
Frau Christine Krahl u. Pfr. Herbert Leuninger
PRESSEERKLÄRUNG
Am Sonntag, den 19. November 1989 hießen Frankfurter Christen die auf dem Rhein-Main Flughafen
eintreffenden Flüchtlinge herzlich willkommen. Sie überreichten jedem Asylbewerber DM 100,-- Begrüßungsgeld.
Mit dieser von PRO ASYL unterstützten Geste wollten sie auf die Not der Menschen hinweisen, die
bei uns vor Verfolgung Zuflucht suchen.
Über die Freude wegen der Öffnung der innerdeutschen Grenze dürfe das Grundrecht auf Asyl und
das Gastrecht des verfolgten Fremden nicht aus dem Blick geraten. Nach wie vor müssten die Opfer
von Regimen, die Freiheit und das Recht auf Selbstbestimmung unterdrücken, in unserem Land freundliche
Aufnahme finden.
Die Begrüßung der Asylbewerber schloss an einen ökumenischen Gottesdienst an, der von der Basisgemeinde
Frankfurt und der evangelischen Flughafenseelsorge gestaltet worden war.
Einen Realitätsverlust mit verheerenden Folgen für wehrlose Menschen sieht die Arbeitsgemeinschaft
für Flüchtlinge PRO ASYL in den Äußerungen des bayerischen Ministerpräsidenten Max Streibl (CSU),
die Asylbewerber seien schuld am Wohnraummangel in der Bundsrepublik. „Asylbewerber werden zwangsweise
in Wohnheimen und Unterkünften untergebracht und sind damit keine Konkurrenten auf dem zusammengebrochenen
Wohnungsmarkt", sagt PRO ASYL-Sprecher Herbert Leuninger. Sie trügen nicht im geringsten
die Verantwortung dafür, dass der soziale Wohnungsbau zum Erliegen gekommen sei und die Volkszählung
noch vor der neuen Einwanderung aus Osteuropa und der DDR eine Million fehlender Wohnungen festgestellt
habe. Wenn Bayerns Ministerpräsident angesichts des Kommens von einer halben oder vielleicht ganzen
Million von Übersiedlern und Aussiedlern, die Wohnungen suchten, die Flüchtlinge für fehlenden
Wohnraum verantwortlich mache, lenke er politisches Versagen auf die derzeit schwächste Minderheit
ab. „Streibl macht die Flüchtlinge zu den Sündenböcken des Jahres 1989", sagt Herbert Leuninger
von PRO ASYL. Damit steigere er den in gewissen Teilen der Bevölkerung vorhandenen Hass auf Asylbewerber
und ziehe die Verantwortung für alle zu befürchtenden Angriffe gegen Flüchtlingswohnheime auf
sich.
Nürnberger Nachrichten vom 9.11.1989
Bayerns Regierungschef zur Wohnungsnot
Streibl: ASYLANTEN AN PROBLEMEN SCHULD
„Die meisten reisen aus wirtschaftlichen Gründen ein" – Gesetzesregelung verlangt
München (rtr) – Nicht die DDR-Flüchtlinge sind nach Ansicht von Bayerns Ministerpräsident Max
Streibl (CSU) an den wachsenden Problemen auf dem Wohnungsmarkt schuld, sondern die „nach wie
vor ungebrochene Asylantenwelle".
Angesichts des steigenden Bedarfs an Unterkünften für Übersiedler aus der DDR forderte Streibl
alle Bonner Parteien auf, erneut über die Asylgesetzgebung nachzudenken. Die große Masse der Asylbewerber
reise aus rein wirtschaftlichen Gründen in die Bundesrepublik ein. Die DDR-Flüchtlinge, wie die
Bundesbürger „tüchtige und fleißige Menschen wollten hingegen Selbstbestimmung.
„Wir in der Bundesrepublik Deutschland müssen erkennen, dass der wichtigste Grund für die gegenwärtig
zunehmenden Probleme im Wohnungsmarkt nicht primär in der Zahl unserer Neubürger aus der DDR begründet
ist", erklärte Streibl. Hauptursache sei vielmehr die Asylantenwelle. Dabei würden „nur sehr
wenige dieser Asylbewerber von den Gerichten als echte politisch Verfolgte anerkannt werden",
während die meisten aus wirtschaftlichen Gründen kämen.
„Der heute von der SPD-Bundestagsfraktion vorgelegte Gesetzesentwurf eines Bundesausländergesetzes
ist die bessere Grundlage für ein neues Ausländergesetz", sagt Herbert Leuninger, Sprecher
der Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL in einer ersten Stellungnahme.
Besondere Bedeutung haben für PRO ASYL die Absicht der SPD
- Flüchtlingen, die aus völkerrechtlichen, humanitären oder politischen Gründen nicht ausreisen
müssen, einen gesicherten Aufenthaltsstatus einzuräumen,
- den Ausweisungsschutz zu verbessern und
- die politische Betätigung von Ausländern an den Rechten für Deutsche auszurichten.
Schäubles Abwehrgesetz lasse sich mit diesem SPD-Entwurf nicht harmonisieren. „Da helfen auch
nicht die in den letzten Tagen in Schäubles Schreibstube eingearbeiteten über 300 Veränderungen",
so Herbert Leuninger.
Der Entwurf des neuen Ausländergesetzes fügt sich in die grundgesetz- und völkerrechtswidrige
Asylpolitik der Bundesregierung ein. Er setzt den äußerst restriktiven Rahmen für die Anerkennung
im Asylverfahren voraus. Ebenfalls vorausgesetzt wird das Abschreckungskonzept mit Visapflicht
und -verweigerung, Arbeitsverbot, Lagerunterbringung, Beschränkung der Freizügigkeit, Fremdversorgung,
reduzierter Sozial- und Krankenhilfe und der Rechtswegverkürzung. Bis auf eine bescheidene Verbesserung
des Aufenthaltsrechts für de-facto-Flüchtlinge werden bereits bestehende Rechtsverweigerungen
festgeschrieben und weitere rechtliche Verschlechterungen hinzugefügt.
Die Wiedereinführung der Genfer Flüchtlingskonvention in das Asylverfahren ist nicht vorgesehen.
Damit bleibt eine bedeutende Anzahl von Flüchtlingen nach wie vor aus dem normalen Asylrecht ausgegrenzt.
Es handelt sich nach UNHCR um de-jure –Flüchtlinge ohne die Rechte der Genfer Flüchtlingskonvention.
PRO ASYL schließt sich der Beurteilung des Vertreters des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten
Nationen in Bonn an. Dieser wirft dem Gesetzesentwurf nicht nur die Missachtung der Genfer Flüchtlingskonvention
vor, sondern auch rechtsstaatliche Verstöße, unzumutbare Härten und das Zurückbleiben hinter völkerrechtlichen
Mindeststandards. Zentrale Forderungen des UNHCR bleiben unberücksichtigt.
Dies alles steht in einem scharfen Kontrast zu der beispiellosen Weise, mit der die Bundesregierung
ihre großzügig ausgelegten grundgesetzlichen Verpflichtungen gegenüber Aussiedlern aus Osteuropa
und Übersiedlern aus der DDR nachzukommen trachtet. Dabei sind die Verpflichtungen aus dem Grundgesetz
und Völkerrecht gegenüber Flüchtlingen aus den Kriegs- und Krisengebieten der Welt von nicht minderem
Rang.
In Solidarität mit den Flüchtlingen, die bereits in der Bundesrepublik sind, mit den Flüchtlingen,
die daran gehindert wurden und werden in die Bundesrepublik zu kommen und den Flüchtlingen, die
noch in die Bundesrepublik gelangen, versagt PRO ASYL diesem Gesetzesentwurf jeglichen Konsens
und fordert alle grundgesetz- und völkerrechtstreuen Bürgerinnen und Bürger auf, sich diesem Votum
stellvertretend für die stimmlosen Flüchtlinge anzuschließen.
9.10.1989
Der Entwurf des neuen Ausländergesetzes
Innen- und Sportminister Schäuble und der Hürdenlauf eines Flüchtlings
„Mannshohe, Zimmermanns-hohe, unübersteigbare Hürden für Flüchtlinge hat Innen- und Sportminister
Schäuble in seinem Entwurf zum neuen Ausländergesetz errichtet," so urteilt PRO ASYL in einer
ersten Analyse. Während sich die Öffentlichkeit mit der von Schäuble angeregten eventuellen Lockerung
des Arbeitsverbotes für de-facto-Flüchtlinge befaßt, lässt er still und leise festschreiben, was
bei Vorgänger Zimmermann bereits zur Abschottung gegen Flüchtlinge aus der Schublade ragte.
Das Visum
Sollte es einem Flüchtling gelingen, in seinem Land die bewachte Botschaft der Bundesrepublik
zu erreichen, um ein Visum zu beantragen, ist ihm die Ablehnung seines Antrags so gut wie sicher.Die
Versagung bedarf keiner Begründung und keiner Rechtsbehelfsbelehrung, sie bedarf nicht einmal
der Schriftform (§ 67).
Ein Widerspruch ist ausgeschlossen (§68). Der Beamte teilt es dem Antragsteller am Schalter einfach
mündlich mit, basta. Auf eine Diskussion lässt er sich nicht ein. Wir sind schließlich keine Bananenrepublik!
Auch die Kinder bis 16 benötigen jetzt ein Visum.
Die Fluggastkontrolle
Hat der Flüchtling wenigstens 10.000 DM (pro Person), versucht er eine Fluchthilfeorganisation
einzuschalten. Sie besorgt ihm alles, was er für den Flug in die Bundesrepublik benötigt. Die
Fluggesellschaft darf ihn eigentlich nur befördern, wenn er einen Pass und ein Visum hat. Eine
Fluggesellschaft, die sich nicht daran hält, wird pro Person mit DM 2.000 bestraft. Die Fluggesellschaften
können verpflichtet werden, die Pässe der Fluggäste vor Beginn der Reise einzusammeln, um sie
bei der Ankunft dem Bundesgrenzschutz vorzulegen (§ 75).
Wird ein Flüchtling vom Bundesgrenzschutz zurückgewiesen, weil er z.B. nach dessen Einschätzung
über einen Drittstaat eingereist ist, in dem er vor Verfolgung sicher war, muss ihn die Fluggesellschaft
unverzüglich außer Landes bringen. Diese Verpflichtung besteht drei Jahre lang für Flüchtlinge,
die ohne gültige Reisepapiere eingereist sind, einen Asylantrag gestellt haben, aber schließlich
doch ausgewiesen werden. (§ 75).
Die Aufenthaltsgestattung
Es ist dem Flüchtling gelungen einen Asylantrag zu stellen. Er erhält eine Aufenthaltsgestattung
mit Arbeits- und Reiseverbot und einer verordneten Unterbringung im Sammellager mit Gemeinschaftsverpflegung.
Nach jahrelangem, zermürbendem Warten werden 90% rechtskräftig abgelehnt und zur Ausreise aufgefordert.
Die Duldung
Nun wird eine Duldung erteilt, solange die Abschiebung aus rechtlichen oder tatsächlichen Gründen
unmöglich ist. Sie kann erteilt werden, wenn dringende oder persönliche Gründe oder erhebliche
öffentliche Interessen die vorübergehende weitere Anwesenheit erfordern (§ 54). Durch die Duldung
wird die Abschiebung zeitweise ausgesetzt. Die Ausreisepflicht bleibt unberührt (§ 53).
Die Aufenthaltsbefugnis
Einem Flüchtling darf nach einem Jahr der Duldung eine Aufenthaltsbefugnis erteilt werden, wenn
seiner Ausreise oder Abschiebung Hindernisse entgegenstehen, die er nicht zu vertreten hat oder
ein Dritter sich für acht Jahre verpflichtet, die Kosten für den Lebensunterhalt ohne Inanspruchnahme
öffentlicher Mittel zu tragen
(§ 28 ). Die Aufenthaltsbefugnis kann für jeweils längstens ein Jahr erteilt und verlängert werden
( § 32 ).
Die unbefristete Aufenthaltserlaubnis
Einem Ausländer, der seit sechs Jahren eine Aufenthaltsbefugnis besitzt, kann eine unbefristete
Aufenthaltserlaubnis erteilt werden ( § 33 ), wenn er u.a.
- die besondere Arbeitserlaubnis besitzt.
(Die besondere Arbeitserlaubnis wird erteilt, wenn der Arbeitnehmer in den letzten acht Jahren
vor Beginn der Geltungsdauer der Arbeitserlaubnis fünf Jahre rechtmäßig eine unselbständige Tätigkeit
ausgeübt hat. Die Erlaubnis hierzu bekommt er nach Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes und
nachrangig zu EG-Ausländern und diesen gleichgestellten Ausländern.)
- über ausreichenden Wohnraum für sich und seine mit ihm in häuslicher Gemeinschaft lebenden
Familienangehörigen verfügt.
- sein Lebensunterhalt aus eigener Erwerbstätigkeit oder eigenem Vermögen gesichert ist.
Der Hürdenplan
- 4 Jahre (ca.) Verfahrensdauer mit Aufenthaltsgestattung.
- 1 Jahr Duldung als Aussetzung der Abschiebung
- 6 Jahre Aufenthaltsbefugnis mit jährlicher Prüfung, ob das Rückführungshindernis noch
besteht ( § 32).
11 Jahre Ungewissheit und Unsicherheit
- Nach 11 Jahren theoretisch die unbefristete Aufenthaltserlaubnis.
Deren Erteilung ist an Bedingungen wie Arbeit, Arbeitserlaubnis und ausreichende Wohnung
geknüpft, die die Mehrheit der de-facto-Flüchtlinge nach menschlichem Ermessen nicht erfüllen kann.
Sie werden auf Dauer als Parias ihr Leben in der Bundesrepublik fristen, über ihren Köpfen am Pferdehaar
das Damoklesschwert der Abschiebung.
Die Forderung von PRO ASYL:
Ein Ausländergesetz,
- in dem die Zuflucht von Flüchtlingen nicht durch die Visapflicht vereitelt wird und
- in dem der Aufenthalt von de-facto-Flüchtlingen ähnlich wie in Berlin geregelt wird:
also eine Aufenthalts- (und Arbeits-)erlaubnis nach fünf Jahren rechtmäßigen Aufenthalts in der
Bundesrepublik.
Der eiserne Vorhang zur 2. Welt ist inzwischen hochgezogen.
Der eiserne Vorhang zur 3. Welt rasselt herunter, wenn dieses Ausländergesetz verabschiedet wird.
„Die großzügige Aufnahme der Flüchtlinge aus der DDR setzt Maßstäbe für eine humanere Asylpolitik",
stellt Herbert Leuninger, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL zum Tag des
Flüchtlings fest.
Sie zeige, dass das Boot Bundesrepublik nicht voll ist, wie bis vor einem Jahr noch behauptet
wurde. Vielmehr entscheide der politische Wille und die moralische Kraft darüber, ob die Bundesrepublik
ihren hohen Verpflichtungen aus dem Grundgesetz allen Flüchtlingen gegenüber nachkommt.
Keinem Politiker würde es einfallen, sagt Herbert Leuninger,
- DDR-Flüchtlinge davon abzuschrecken in die Bundesrepublik zu kommen,
- ihnen auf Jahre das Arbeiten zu verbieten,
- ihre freie Bewegung in der Bundesrepublik einzuschränken,
- sie als Wirtschaftsflüchtlinge zu brandmarken oder
- über die innerdeutsche Grenze zurückzuschicken, weil sie kein von Honecker unterschriebenes
Verfolgungsdokument vorweisen können.
„Man kann nicht den Flüchtlingen aus der DDR die Grenzen öffnen und sie vor den anderen aus den
Kriegs- und Krisengebieten der Welt schließen", so PRO ASYL. „Die Würde des Menschen ist
unteilbar!"
Der TAG DES FLÜCHTLINGS wird initiiert von PRO ASYL und dem Ökumenischen Vorbereitungsausschuss
für die Woche des ausländischen Mitbürgers in Verbindung mit dem Vertreter des Hohen Flüchtlingskommissars
der Vereinten Nationen (UNHCR) in der Bundesrepublik Deutschland.
„Ein Fünkchen mehr Verfassungstreue und ein Quentchen mehr Christlichkeit, als im Antrag Nr.
01 des Bundesvorstandes zur Asylpolitik enthalten ist", erwartet PRO ASYL vom CDU-Parteitag
in Bremen.
Herbert Leuninger, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL, vermisst beides
vor allem an den Stellen des Antrages, wo vorgeschlagen wird
- das Grundgesetz zu ändern,
- bestimmte Asylbewerber an den Grenzen zurückzuweisen und
- Asylbewerber, die dem Arbeitsverbot unterliegen, zu gemeinnütziger Arbeit zu zwingen.
Zwar werde die Überprüfung des Arbeitsverbotes für Asylbewerber erwogen, wenn die Verfahren fühlbar
beschleunigt würden; es fehle aber völlig der wichtige Vorschlag, nicht abgelehnten, aber aus
rechtlichen und humanitären Gründen geduldeten Asylbewerbern eine Aufenthaltserlaubnis zu geben.
„Diese Menschen müssen in der Bundesrepublik als Flüchtlinge ohne Flüchtlingsrechte leben",
so Herbert Leuninger.
PRO ASYL fordert vom CDU-Parteitag:
- Hände weg vom Grundgesetz!
- Keine Abweisung von Flüchtlingen an der Grenze!
- Abschaffung des langjährigen Arbeitsverbots!
- Aufenthaltserlaubnis für de-facto-Flüchtlinge
- Kein Visumzwang für Kinder
„Wären DDR-Flüchtlinge keine Deutsche, liefen sie Gefahr an der Grenze zur Bundesrepublik zurückgewiesen
zu werden, weil sie in Ungarn sicher vor Verfolgung waren", meint Leuninger.
Sie müssten auch damit rechnen, aus der Bundesrepublik wieder in die DDR abgeschoben zu werden,
weil sie vielleicht als bloße Wirtschaftsflüchtlinge eingestuft wurden.
„Die Planung der Landesregierung von Baden-Württemberg, Asylbewerber als Einkaufshelfer und Treppenkehrer
zu verpflichten, ist eine Entwürdigung von Menschen, nur weil sie keine Deutschen sind,"
so Herbert Leuninger, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL.
Zwar sehe das Sozialhilfegesetz vor, dass Sozialhilfeempfänger zu gemeinnütziger Arbeit herangezogen
werden. Gedacht sei dies nach dem Gesetz aber für Hilfesuchende, die keine Arbeit finden könnten
oder wieder an Arbeit gewöhnt werden müssten. Den Asylbewerbern sei aber die Aufnahme regulärer
Arbeit verboten. Dieses Verbot und der mögliche Entzug oder die Minderung der Sozialhilfe bei
Weigerung, gemeinnützige Arbeit zu verrichten, schaffe praktisch einen Arbeitszwang. „Dies widerspricht
dem Verbot der Zwangsarbeit aus Artikel 12 II des Grundgesetzes", so Leuninger mit Berufung
auf eine frühere Stellungnahme des derzeitigen Richters am Europäischen Gerichtshof Manfred Zuleeg.
Für die Arbeitsgemeinschaft PRO ASYL, in der sich Experten aus Flüchtlingsräten, Kirchen, Gewerkschaften,
Wohlfahrts- und Menschenrechtsorganisationen zusammengeschlossen haben, kann es nur um eine Aufhebung
des fünfjährigen Arbeitsverbotes gehen, wodurch Menschen, die arbeiten wollten, normal arbeiten
könnten.
„Kriegt keine Kinder im Exil!" Oder: „Flüchtlingsbabies sind minderwertiger!" So übersetzt
Herbert Leuninger, Sprecher der Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL die Sommerbotschaft
des Bundestages, die er mit der Änderung des Bundeserziehungsgeldgesetzes an die Nation gerichtet
hat.
Nach der jüngsten Gesetzesnovelle sind alle Ausländer vom Anspruch auf Erziehungsgeld ausgeschlossen,
die keine Aufenthaltsberechtigung bzw. Aufenthaltserlaubnis besitzen. Dies trifft – Berlin mit
seiner humanen Regelung ausgenommen – auf alle sogenannten de-facto-Flüchtlinge zu, die zwar nicht
als asylberechtigt anerkannt wurden, aber wegen der Genfer Flüchtlingskonvention oder aus humanitären
Gründen nicht in ihre Heimat ausgewiesen werden. Ihr Aufenthalt wird, selbst wenn er sich über
Jahre oder voraussichtlich auf Dauer erstreckt, nur geduldet; d.h. der Aufenthalt wird als nicht
legal gewertet, von einer Abschiebung wird allerdings abgesehen.
Hintergrund der Gesetzesnovelle, die die Mehrheit der Flüchtlingsfamilien trifft, sind zwei Urteile
des Bundessozialgerichtes aus 1987 ( Az 11a REG 2/87 und 3/87), durch die die Versorgungsämter
verpflichtet wurden, das auf ein Jahr gewährte Erziehungsgeld u. a. auch abgelehnten Asylbewerbern,
die sich seit mindestens einem Jahr in der Bundesrepublik oder in Westberlin aufhalten und deren
weiterer Aufenthalt voraussichtliche geduldet wird, zu zahlen. Der darin zum Ausdruck kommende
Grundsatz der Gleichbehandlung wurde nun durch die Rechtsänderung wieder außer Kraft gesetzt.
„Diese Aussonderung von Flüchtlingen und ihren Kindern aus dem sozialen Netz ist ebenso unannehmbar
wie die Aussonderung aus Wohngebieten", so Herbert Leuninger von PRO ASYL.
Nicht überzeugt vom „Karlsruher Modell" zeigt sich die Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge
PRO ASYL . Nach ihr vorliegenden Informationen besteht Anlass zur Kritik, weil die Hektik der
Abwicklung der Anhörung vor der zentralen Ausländerbehörde und der Nebenstelle des Bundesamtes
für die Anerkennung der Flüchtlinge in Karlsruhe dazu führt, dass Asylbewerber
- ohne ausreichende Vorbereitung und Information die Befragungsprozeduren der Ausländerbehörde
und des Bundesamtes durchlaufen,
- schnell angesetzte Termine verpassen, was die rechtlichen Nachteile mangelnder Mitwirkung
nach sich zieht,
- keine Anwälte und Sozialberater konsultieren können und
- der ausreichenden Möglichkeit beraubt werden, Rechtsmittel gegen die Ablehnung ihres Antrages
oder die Abschiebung einzulegen.
PRO ASYL fordert von den übrigen Länderregierungen, die dabei sind zentrale Ausländerbehörden
und Nebenstellen des Bundesamtes für die Anerkennung der Flüchtlinge einzurichten, sich auch über
die negativen Begleiterscheinungen in Baden-Württemberg zu informieren und einen Ablauf der Anhörung
vorzusehen, der rechtsstaatlich einwandfrei ist und den Asylbewerbern die Chance eines fairen
Verfahrens belässt.
„Ein Urteil, das sich und die Asylpolitik richtet", das ist nach Auffassung des Sprechers
von PRO ASYL die jüngste Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofes in Mannheim. Danach dürfen
keine Wohnungen für Asylbewerber in normalen Wohngebieten errichtet werden. Das Urteil mache die
weithin praktizierte Unterbringung der Asylbewerber fernab von Wohnvierteln hoffähig, so Leuninger
von der bundesweiten Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge, und leiste allen rechtsextremen und
fremdenfeindlichen Einstellungen in der Bevölkerung Vorschub. „Ein hohes Gericht macht sich die
prinzipielle Diskriminierung und Deklassierung von Menschen zu eigen und begründet damit ein weiteres
Mal eine auf Abschreckung beruhende Politik.
„Die Urteilsbegründung, wonach Asylbewerbern ein Mindestmaß an Eigengestaltung des häuslichen
Lebens fehle, dass sie keine Arbeit annehmen dürften, Sozialhilfe bezögen und in extremer Enge
untergebracht würden, gibt zwar die faktische und rechtliche Situation wieder", so PRO ASYL.
„Es hätte nahegelegen, diese Praxis als unmenschlich anzuprangern, statt sie als rechtens vorauszusetzen."
Die Feststellungen von Organisationen für Aussiedler, nach denen viele von ihnen, soweit sie
ähnlich katastrophal wie Flüchtlinge untergebracht würden, unter Minderwertigkeitsgefühlen litten,
als selbstmordgefährdet anzusehen wären und leicht erregbar seien, zeige, was Asylbewerbern ebenfalls,
nur hier nach Recht und Gesetz, angetan werde.
Einen eindringlichen Appell an das Berliner Abgeordnetenhaus sowie an Politiker aus dem Bundesgebiet,
das Berliner Sommertheater auf dem Rücken der Flüchtlinge zu beenden, richtet die bundesweite
Arbeitsgemeinschaft PRO ASYL.
Scharf verurteilte Wolfgang Grenz, einer der Sprecher von Pro ASYL, die Berliner Diskussionen
als Versuch, „im Sommerloch die Asyldiskussion hoch zu putschen." Dies leite „völlig überflüssig
neues Wasser auf die Mühlen der Rechtsradikalen."
Die Berliner Asylweisung gäbe endlich Flüchtlingen aus Kriegs- und Krisengebieten, die ohnehin
nicht abgeschoben würden, einen sicheren Aufenthaltsstatus. Dies sei ein Akt der Menschlichkeit
und verdiene Lob statt Kritik. Auch ehemalige Straftäter müssten vor Gefahren für Leib und Leben
bewahrt werden. Deshalb sei die Bewährungsduldung für ehemalige Straftäter eine angemessene Lösung.
2.7.1989
AKTION GEGEN SPRACHHETZE:
„Flüchtling" statt „Asylant"
Flüchtlinge von jetzt an als „Flüchtlinge" und nicht mehr als „Asylanten" zu bezeichnen,
fordert die Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL die BürgerInnen, PolitikerInnen und Medien
auf. Damit unterstützt PRO ASYL die Aufrufe der Deutschen Postgewerkschaft und die Aktionen der
Briefträger gegen rechtsextreme Postwurfsendungen.
Der in die Alltagssprache eingesickerte Begriff „Asylant" sei vor mehr als zehn Jahren in
die Medien lanciert worden, um Flüchtlinge zu Nicht-Flüchtlingen zu machen. „Asylant" stehe
in seiner abwertenden Verwendung heute für „Scheinasylant" und „Schmarotzer". Sprachlich
gehöre der Begriff in die Reihe von „Ignorant", „Simulant" und „Spekulant".
Eine bewusste und ausschließliche Verwendung des Begriffs „Flüchtling" für alle Menschen,
die aus Diktaturen, Kriegs- und Bürgerkriegsgebieten in die Bundesrepublik fliehen, wäre ein wirksamer
Akt der Sprachkultur gegen radikale Sprachhetze, so PRO ASYL-Sprecher Herbert Leuninger. Damit
könne ein Begriff, der in das Wörterbuch des Unmenschen gehöre, aus der Umgangssprache wieder
ausgemerzt werden.
25.6.1989
Ernteeinsatz keine Therapie
Arbeitsverbot für Flüchtlinge generell aufheben!
„Spargelstechen und Erdbeerpflücken können nicht die seelischen Schäden heilen, die das fünfjährige
Arbeitsverbot für Asylbewerber anrichtet!", so beurteilt Herbert Leuninger, der Sprecher
der Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL den Plan der Bundesregierung de-facto-Flüchtlinge
ab nächstes Jahr auf Felder und Bäume zu lassen.
Auch wenn angesichts der trostlosen Lage der Flüchtlinge jede Arbeitsmöglichkeit zu begrüßen
sei, so Leuninger, erneuere PRO ASYL die Forderung, das mehrjährige und menschenunwürdige Verbot
einer geregelten Tätigkeit für Asylbewerber und de-facto-Flüchtlinge abzuschaffen. Jeder, der
mit Flüchtlingen befasst sei, wisse um die verheerenden psychischen Folgen einer erzwungenen Untätigkeit.
Betr.: Weisung der Berliner Senatsverwaltung für Inneres über „Die Neuregelung der aufenthaltsrechtlichen
Situation von ehemaligen Asylantragstellern und von Ausländern ohne Rückkehrmöglichkeit"
„Die Weisung des Berliner Innensenats zur Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis für die Mehrheit
der abgelehnten und von Ausweisung bedrohten Asylbewerber setzt neue Maßstäbe in der Flüchtlingspolitik",
so beurteilt die Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL die neue Regelung aus Berlin. Damit
werde eine der zentralen Forderungen erfüllt, die das bisher ungewisse Schicksal der meisten Flüchtlinge
auf eine neue Grundlage stellt. Die einmalige Bedeutung dieser rot-grünen Vereinbarung liege nicht
nur darin, so PRO ASYL – Sprecher Herbert Leuninger, dass Flüchtlinge in stärkerem Maß als bisher
vor Abschiebung sicher seien, sondern dass ihnen mit einer Aufenthaltserlaubnis eine Perspektive
für ihr Leben eröffnet werde.
„Die Berliner Neuregelung ist eine Ermutigung für alle, die eine bessere Asylpolitik fordern",
so Herbert Leuninger. Sie sollte ein Beispiel für alle anderen Bundesländer sein, um eine humane
Asylpolitik, die nicht mehr auf Abschreckung und Abschiebung abstellt, zu betreiben.
„Mit einem Anschlag auf die Verfassung startet der neue Bundesinnenminister Schäuble seinen Amtsantritt".
So wertet die Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL Schäubles Forderung, das Grundrecht
auf Asyl per Gesetz einzuschränken.
Dies würde, so Pro ASYL - Sprecher Herbert Leuninger, ein Grundrecht aus dem Kernbereich der
Verfassung dem einfachen Gesetzgeber überantworten. Die verheerenden Erfahrungen der jüngsten
Zeit zeigten aber, dass das Asylrecht damit zum Spielball von Mehrheiten würde, die nicht davor
zurückschreckten, Flüchtlinge zu Sündenböcken der Gesellschaft zu machen.
So gehe Schäuble von der völlig unbewiesenen These aus, bei der kommenden Freizügigkeit in der
EG kämen alle in den anderen Ländern abgewiesenen Asylbewerber in die Bundesrepublik.
Dagegen spricht
- die äußerst niedrige Anerkennungsquote bei Asylbewerbern in der Bundesrepublik,
- die Tatsache, dass die Mitgliedsstaaten der EG die Genfer Flüchtlingskonvention unterzeichnet
haben. Dadurch müssen in den anderen Ländern mehr Asylbewerber als in der Bundesrepublik anerkannt
werden. Seit 1982 gilt die Genfer Konvention in der Bundesrepublik nicht mehr als Grundlage
des Anerkennungsverfahrens;
- das fünfjährige Arbeitsverbot für Asylbewerber, ihre Unterbringung in Lagern, das Verbot der
Freizügigkeit und die eingeschränkte soziale und gesundheitliche Versorgung;
- die bisherige Erfahrung, dass mehr Flüchtlinge aus der Bundesrepublik in andere europäische
Länder gehen als umgekehrt.
Mit Erleichterung reagiert PRO ASYL, die Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge auf die Übernahme
des Bundesinnenministeriums durch den bisherigen Kanzleramtsminister Wolfgang Schäuble. Auch wenn
dieser erst kürzlich einen Gesetzesvorbehalt für Artikel 16 Grundgesetz gefordert habe, erhofft
PRO ASYL, dass Schäuble die gegen die Flüchtlinge gerichtete Kampagne seines Vorgängers Zimmermann
beendet und eine humanere Asylpolitik einleitet. „Vielleicht dürfen die Flüchtlinge jetzt aufatmen",
so Herbert Leuninger, der Sprecher von PRO ASYL.
Damit das Aufatmen aber nicht nur eine Verschnaufpause wird, erwartet PRO ASYL vom neuen Bundesinnenminister
u.a. folgende asylpolitischen Entscheidungen:
- Keine Änderung des Grundgesetzes!
- Harmonisierung des Grundgesetzes mit den weitergehenden
- Verpflichtungen der Genfer Flüchtlingskonvention!
- Keine Visapflicht für Kinder aus Kriegs- und Bürgerkriegsgebieten!
- Keine Abschiebung abgelehnter Asylbewerber in Kriegs- und Bürgerkriegsgebiete!
- -Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis für abgelehnte Asylbewerber, die in der Bundesrepublik
bleiben dürfen!
Frankfurt/Osnabrück. Das Kinderhilfswerk terre des hommes und die Flüchtlingsorganisation PRO
ASYL verurteilen die Einführung der Visapflicht für Kinder bis 16 Jahren. Den verzweifelten Schritt
vieler Eltern, ihre Kinder vor Verfolgung, Folter, Verwundung und Tod zu retten, werde in eiskalter
Berechnung ein Riegel vorgeschoben. Tausende Kinder seien in den Krisengebieten der Welt Opfer
von Folter, von staatlichen Übergriffen und Menschenrechtsverletzungen. Zehntausende würden willkürlich
verhaftet, in Gefängnisse gesperrt, verschleppt, ermordet und hingerichtet. Kinder müssten die
Folterungen ihrer Eltern mit ansehen oder werden ihren Eltern, um sie zu erpressen, weggenommen.
Nach Angabe des Hohen Flüchtlingskommissars – so die beiden Organisationen – seien über sechs
Millionen Kinder auf der Flucht. Nur einem Bruchteil von ihnen sei es bisher gelungen, in die
Bundesrepublik zu gelangen. Dies solle nun rigoros verhindert werden.
Sehr geehrter Herr Erzbischof Dyba!
Sehr geehrter Herr Kirchenpräsident Spengler!
Sehr geehrter Herr Bischof Jung!
Sehr geehrter Herr Bischof Kamphaus!
Sehr geehrter Herr Bischof Lehmann!
PRO ASYL ersucht Sie in Vertretung der stimmlosen Flüchtlinge dringend darum, in allen Gemeinden
die Glocken zu den Sonntagsgottesdiensten fünf Minuten länger läuten zu lassen als Protest gegen
den menschenunwürdigen Missbrauch wehrloser Asylbewerber zu Wahlkampfzwecken.
Sollten Sie geeignetere Formen sehen, die Anwaltsfunktion für die Flüchtlinge wahrzunehmen, bittet
PRO ASYL Sie diese zu wählen.
PRO ASYL hat den Hessischen Ministerpräsidenten Dr. Walter Wallmann in einem Offenen Brief bereits
darum gebeten, die Asylpolitik aus dem Kommunalwahlkampf herauszunehmen.
Mit vorzüglicher Hochachtung!
(Herbert Leuninger)
Sprecher von PRO ASYL
AUFRUF über die Medien
An alle Führenden und in der Öffentlichkeit bekannten Persönlichkeiten
Aus Politik, Wissenschaft, Wirtschaft und Kultur
Aus den Kirchen, Gewerkschaften, Humanitären Organisationen,
Medien, Verbänden und Sportbünden.
Aus dem Geistesleben und dem Erziehungsbereich.
PRO ASYL ruft Sie auf:
IHRE STIMME DEN STIMMLOSEN!
INTERVENIERN SIE BEI DER BUNDESREGIERUNG!
Bestärken Sie die Regierung darin,
- dem nationalistischen Wahn keinerlei Tribut zu zollen:
- das Ausländer- und Asylrecht nicht zu verschärfen,
- politische Probleme nicht auf wehrlose Minderheiten abzuwälzen und
- die Fremden und Flüchtlinge nicht zu Sündenböcken der Nation zu machen.
Die Mehrheit der Flüchtlinge aus Kriegs- und Krisengebieten verdient den vollen Schutz dieser
Republik. Es ist mittlerweile ungeheuer schwer geworden, als politisch Verfolgter anerkannt zu
werden. Dennoch dürfen nach offizieller Auskunft der Bundesregierung 60% aller abgelehnte Asylbewerber
aus humanitären, rechtlichen und politischen Gründen in der Bundesrepublik bleiben. Sie als „Wirtschaftsflüchtlinge"
zu denunzieren, ist eine Irreführung der Öffentlichkeit und verstärkt die Abwehr in der Bevölkerung.
Wenn mittlerweile fast die Hälfte der Asylbewerber aus Polen und Jugoslawien kommt, ist dies
eine Folge der durch die KSZE-Schlussakte von Helsinki gewährten Freizügigkeit. Es handelt sich
hier um eine politische Frage.
Die Bundesrepublik hat mit der Aufnahme der Aussiedler einen hohen Standard der Humanität erreicht.
Er darf bei den Fremden und Flüchtlingen nicht auf*s Spiel gesetzt werden.
PRO ASYL bittet den Bundeskanzler seine Richtlinienkompetenz im og. Sinne wahrzunehmen.
Herbert Leuninger, Sprecher von PRO ASYL
Am Parlament und an der Öffentlichkeit vorbei betreibt die Bundesregierung den Umbau Europas.
Statt die EG als Fluchtburg für asylsuchende Menschen zu belassen, soll sie zu einer Festung gegen
Flüchtlinge ausgebaut werden.
Die mit anderen EG-Staaten zusammen geplanten Abschottungsmaßnahmen widersprechen nicht nur dem
Geist des Grundgesetzes und der Genfer Flüchtlingskonvention sondern auch dem ausdrücklichen Willen
des Europäischen Parlaments. Dieses fordert eine großzügigere Haltung gegenüber Asylsuchenden.
Es verweist darauf, dass nur ein verschwindend geringer Teil der Flüchtlinge in der Welt nach
Europa komme. Durch Missachtung des Europäischen Parlaments degradiert die Bundsregierung die
kommende Europawahl zur reinen Farce.
Im Sinne
- des Europäischen Parlaments,
- der Genfer Flüchtlingskonvention und
- des Grundgesetzes
fordert die Arbeitsgemeinschaft für Flüchtlinge PRO ASYL die Bundesregierung auf,
- die zwischenstaatlichen Geheimverhandlungen auszusetzen und
- mit der Europäischen Kommission ein neues asylfreundliches Konzept zu erarbeiten.
Dies muss jedem Asylbewerber die Gewähr bieten, in eines der Länder der EG zu gelangen. Seinen
Asylantrag zu stellen und diesen in einem rechtsstaatlichen Verfahren prüfen zu lassen.
„Harmonische" Einschränkungen der Visaerteilung, Bestrafung von Fluggesellschaften für den
Transport von Flüchtlingen ohne gültige Reisedokumente und ein Informationsaustausch, der den
Datenschutz verletzt, wären unerträgliche Missklänge in einem freien und reichen Europa.
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