da wir uns bereits lange kennen, hat mich Ihr als offener Brief zugegangenes Schreiben vom 7. Sept. 1986 nicht nur verwundert, sondern auch betroffen gemacht.

Sie kennen wie kaum ein Zweiter alle Probleme, die mit der Unterbringung der Asylbewerber verbunden sind und Sie wissen auch, daß das Land Hessen bereits seit Jahren und ganz besonders heute in den Reihen derer zu finden ist, die für das Asylrecht und für menschenwürdige Bedingungen für alle Asylbewerber kämpfen. Mein persönliches Engagement dabei kennen Sie ebenfalls. Wie Sie dennoch dazu kommen, die Landesbehörden und auch mich persönlich in eine Reihe mit Zimmermann und Co. zu stellen, ist für mich bei aller Wertschätzung für Ihr moralisches Engagement nicht mehr nachzuvollziehen.

Ob Sie mit Ihrer derzeitigen Aktion den Menschen wirklich helfen, um die es Ihnen ebenso wie mir geht, wage ich zu bezweifeln. Ich habe die Sorge, daß auch Sie damit Wasser auf die Mühlen derer lenken, die über die öffentlich und an vielen Stammtischen geführte Diskussion das Grundrecht auf Asyl aus den Angeln hebeln wollen.

Auch ganz konkret muß ich leider feststellen, daß Ihre Aktion für die Mitarbeiter in der Gemeinschaftsunterkunft neue Belastungen bringt und ihre Arbeit, die Asylbewerber so schnell wie möglich auf Kreise und Städte zu verteilen, behindert.

Ihrer Behauptung, die Asylbewerber seien in den Zelten menschenunwürdig untergebracht, muß ich mit allem Nachdruck widersprechen. Auch ich halte diese Unterbringung für eine Notlösung, aber menschenunwürdig ist sie nicht.

Die Zelte werden sofort verschwinden, wenn mir andere Unterkünfte zur Verfügung stehen. Ich lade Sie ein, mir hierbei zu helfen und dort tätig zu werden, wo es massivsten örtlichen Widerstand gegen die Nutzung vorhandener besserer Quartiere gibt, bis hinein in die Kirchengemeinden. Ich würde mich freuen, wenn Sie so wirklich helfen würden und dies meine ich ehrlich.

So lange es andere ausreichende Unterkünfte nicht gibt, kann ich die Zelte leider nicht räumen - dies wäre dann in der Tat menschenunwürdig.

Mit freundllichen Grüßen

gez.

Ihr
Armin Clauss

Aktion gegen Zelte