DIE PREDIGT |
Zvon
Herbert Leuninger
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DER GUTMENSCH | |||||||
Bibel: |
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Wir sind noch nicht ganz so weit wie in Österreich. Bei uns ist man nur ein wenig herablassend gegenüber einem Menschen, der "unzeitgemäße" Forderungen stellt. Ein Gutmensch muß also damit leben, als unmodern, naiv und einfältig zu gelten. Wer möchte schon so angesehen werden? Wer hält es auf die Dauer aus, eine lächerliche Figur zu sein? War Jesus Christus ein Gutmensch ? Das hört sich in dem Text, den wir soeben vernommen haben, gar nicht so an. Eine heidnische Ausländerin aus dem Gebiet der Städte Tyrus und Sidon wird der Umgebung Jesu lästig, als sie um die Heilung ihrer Tochter bettelt. Jesus steht dem in nichts nach, sondern bezeichnet die verzweifelte Mutter indirekt als Hündin. Ihr stehe nicht zu, was den Kindern des Volkes Israel vorbehalten sei. Seit ich als Zehnjähriger Karl May gelesen habe, weiß ich, daß die Fremden im Orient Hunde, "Giaurs" genannt werden. Damals waren französische Kriegsgefangene als Zwangsarbeiter in unserem Dorf. Niemand bezeichnete sie als Hunde. Vielmehr hat der alte Pfarrer Spitzhorn verbotenerweise für sie die Messe zelebriert. Geist des Gutmenschen Jesus?! Zurück zu Jesus: Die Frau greift das Wort von den Hunden auf, die sich von dem ernähren, was die Herrschaften unter den Tisch fallen lassen. Jesus gibt sich geschlagen, wohl das einzige Mal, daß er in einem Streitgespräch unterlegen ist, einer Frau, einer Fremden, einer Heidin. Hier sehe ich einen der entscheidenden Lernprozesse, die der Prophet aus Nazareth selbst durchgemacht hat. Ein Lernprozeß für den diese Frau Pate steht. Das Heil Gottes ist allen Menschen zugedacht. Israels Aufgabe war es , diesen Gedanken in einem mühsamen, über die Jahrhunderte gehender Prozess reifen zu lassen. Dieser Prozeß vollzog sich in Palästina, dem Sammelbecken unterschiedlichster Völker, Sprachen, Kulturen und Religionen.
Das
Volk Israel lebte in einem Gebiet, in
dem sich die Handelswege zwischen dem
Orient, Afrika und dem Mittelmeerraum
schnitten. Die Phönizier, zu denen
die heidnische Mutter gehörte (Das
Markusevangelium bezeichnet sie als Syrophönizierin)
, standen für die Vermittlung der
Kulturen nach allen Richtungen hin. In
diesem Gebiet gab es außerdem die
Kanaaniter, kaukasische Völkerschaften,
die in diesen Raum eingewandert waren.
Außerdem nennt die Bibel die Hetiter,
ein nichtsemitisches, vorarisches Volk.
Durch den Korridor Palästinas waren
viele Völkerschaften gezogen oder
auch eingewandert. Etwa die Hurriter,
die Amoriter , die Amalekiter, die Pheresiter,
die Gabaoniter . Was sich in diesem relativ
kleinen Raum an Multikultur abspielte,
stellt selbst Frankfurt in den Schatten.
Israel musste seine Identität und
seinen Glauben in stärkster Konkurrenz
zu andern Völkern, Göttinnen
und Göttern durchhalten. Gleichzeitig
sollte es der Menschheit das Geschenk
der Universalität des Heiles Gottes
überbringengen,
wenn die Zeit des Messias anbricht. Dies geschah dann, so unser Glaube, im Zeichen der Lächerlichkeit und der Schande, im Zeichen eines Kreuzes. Ist es ein nachösterliches oder ein vorösterliches Wort Jesu? Wer meine Jüngerin, wer mein Jünger sein will, der schleppe täglich seinen Schandpfahl mit sich herum. Der mache sich lächerlich mit der Botschaft, daß ein von den Römern an das Holz gehängter Wanderprediger allen Völkern und Nationen das Heil bringt. Täglich den Kreuzespfahl schultern, heißt nicht so sehr Krankheit , Leid und die Schicksalsschläge des Lebens gläubig und fromm zu ertragen. Es heißt, täglich die grenzüberschreitende Kunde überbringen, daß die Menschenrechte für alle gelten. Seid Ihr Gutmenschen? Wollt Ihr wirklich Gutmenschen sein? Die tonangebende Gesellschaft in unserem Land, in Europa in Japan und Nordamerika wartet nicht auf diese Kunde. Menschenrechte, ja, wenn sie uns nicht zu viel kosten. Ausländer, ja, wenn sie uns nützen, nicht aber die, die uns ausnützen; gemeint sind die Flüchtlinge. Das Wort stammt von einem evangelischen Synodalen der bayerischen Landeskirche (Innenminister Günther Beckstein, CSU), gut Freund mit unserem derzeitigen Bundesinnenminister (Otto Schily, SPD). Dass Menschen, die sich für die Einhaltung der Menschenrechte gegenüber allen, vor allem auch gegenüber den Fremden und Zugezogenen einsetzen, als Gutmenschen bezeichnet werden, das gehört zur Fremdenfeindlichkeit , die aus der Mitte der Gesellschaft kommt, einer Gesellschaft, die nur noch ein Ziel hat, nämlich die Aktienkurse steigen zu lassen. Dagegen erhebt sich eine Minderheit von Gutmenschen. Sie kommen aus den verschiedensten religiösen, geistigen und weltanschaulichen Lagern, gerade auch aus dem christlichen. Gemeinsamen ist ihnen die Idee der Globalisierung, allerdings nicht die des Kapitals, sondern die der Menschenrechte. Ich habe den Eindruck, daß die Menschenrechte trotz aller gegenläufigen Tendenz immer mehr an Bedeutung gewinnen. Die Gutmenschen, die Jüngerinnen und Jüngern des Gutmenschen Jesus Christus sind, nehmen täglich das Spottholz auf sich. Dazu brauchen sie allerdings Gemeinschaft, die sie stützt, Gruppen, Gemeinden, Kirche, eine ökumenische, weltumspannende Kirche. Feiern wir also das "Hochamt der heimlichen Gemeinschaft der Gutmenschen"! |