Herbert Leuninger

Vorwort

Hansjörg Lüking, Neue Wege der Kooperation in der sozialen Arbeit: Konzepte und Erfahrungen aus zwölf Jahren Förderung, Deutsche und Ausländer im Stadtteil, Hrsg. von der Robert Bosch Stiftung, Berlin 1994, S.13-15

s. Konzept

Die Robert Bosch Stiftung hat in ihrem Schwerpunkt "Zusammenleben von Deutschen und Ausländern" über fünfzehn Jahre in Berlin, München und Stuttgart ein Programm "Deutsche und Ausländer im Stadtteil - Integration durch den Kindergarten" durchgeführt und Folgeprojekte gefördert. Als Aktivität einer privaten Stiftung war das Programm nach Umfang und Dauer in der sozialen Arbeit in der Bundesrepublik etwas Neues. Die Stiftung will mit diesem Band Einblick geben in die Ergebnisse der Förderung. Er dokumentiert den Ertrag des Programms und der Folgeprojekte. Er enthält vor allem eine Darstellung und Auswertung der Zusammenarbeit zwischen Praxis-, Fach- und Entscheidungsebene, die für das Programm charakteristisch war.

Als die Stiftung 1978 mit der programmorientierten Förderung der Ausländerarbeit begann, wiesen Fachleute darauf hin, daß die soziale und pädagogische Arbeit mit den Kindern und Familien ausländischer Arbeitnehmer weitgehend außerhalb der Einrichtungen und Dienste stattfand, die freie und öffentliche Träger für die deutsche Bevölkerung vorhalten. An dieser Beobachtung setzte das Integrationsverständnis an, das Zielsetzung und Verfahren der Förderung bestimmte. In der Wahrnehmung der sozialen, kulturellen und Bildungsangebote der deutschen Gesellschaft durch die ausländische Bevölkerung sah die Stiftung einen Ausweis gesellschaftlicher Teilhabe und Integration.

Mit dem partizipativen Integrationsbegriff traten die sozialen Dienste, ihre Mitarbeiter und Träger in den Brennpunkt der Förderung. "Aus- und Fortbildung in Berufen, die mit Ausländerfragen befaßt sind" und "Integration in die Regelversorgung" wurden die bestimmenden Förderlinien auch über das Stadtteilprogramm und seine Folgeprojekte hinaus.

In den fünfzehn Jahren Förderung, die hier dargestellt werden - die letzten Projekte gingen 1993 zu Ende -, hat sich die "Ausländerfrage" ebenso wie die "Ausländerpolitik" häufig, auch weitreichend geändert.

Die von der Stiftung geförderten Projekte mußten - und konnten - deswegen Antworten auf die Frage suchen: Wie müssen die sozialen Dienste und Einrichtungen arbeiten, organisiert und ausgestattet sein, damit sie einer Bevölkerung gerecht werden, die in ihrer sprachlich-ethnischen, sozialen und kulturellen Zusammensetzung nicht nur nicht einheitlich, sondern immer wieder auch Veränderungen unterworfen ist.

Die Stiftung hatte die Förderung so angelegt, daß die Projekte ihre Aufgaben in der sozialen Praxis lösen sollten. Die Projektarbeit war deswegen weitgehend durch die Praktiker sowohl unmittelbar auf der Arbeits- wie auf der Fach- und Entscheidungsebene zu leisten. Eine von außen hinzukommende wissenschaftliche Begleitung hatte die Stiftung trotzdem nicht vorgesehen. Die - auch theoretisch angeleitete - Planung und Reflexion der Arbeit war Aufgabe der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die als Koordinatoren und Fachberater eingesetzt waren. Außerdem hatte die Stiftung eine Programmbegleitung eingerichtet, die neben der Programmsteuerung und Praxisberatung auch die theoretische Diskussion und die Berichterstattung und Auswertung anstoßen und vorbereiten sollte. Das Verfahren der Selbstevaluation, das dabei entwickelt wurde, ist, auch in den Grenzen, an die es gekommen ist, im Anhang dargestellt.

Das Förderverfahren hat zu einer zweistufigen Berichterstattung und Auswertung geführt. Aus den einzelnen Projekten liegen - teilweise aufbauend auf der Selbstevaluation - Projektinformationen und Abschlußberichte vor. Sie dokumentieren Anlage und Verlauf der Praxis, Arbeitskonzepte und -materialien. Sie stellen den Ertrag der Förderung für die praktische Ausländersozialarbeit dar. Als Handbuch für den Kindergarten hat die Stiftung auf dieser Grundlage und unter Einbeziehung der Ergebnisse der verschiedenen Programme und Projekte, die Ende der siebziger Jahre zur Ausländerarbeit im Kindergarten durchgeführt wurden, "Materialien zur interkulturellen Erziehung im Kindergarten" herausgegeben.

Um der förderpolitischen Bedeutung des Ausländerprogramms gerecht zu werden, hat die Stiftung darüber hinaus die Programmbegleitung mit einer Auswertungsstudie abschließen lassen, die sie hiermit vorlegt. Sie fußt auf den Informationen und Berichten der Projekte sowie auf den Akten und Dokumentationen der Projektbegleitung. Entsprechend dem

Praxischarakter der Projekte und der zentralen Rolle, die die sozialen Dienste und Einrichtungen in ihnen hatten, stehen die Ergebnisse und Erfahrungen im Vordergrund, die das Programm für die Innovation und Kooperation in der sozialen Arbeit im Stadtteil erbracht hat.

Abgeschlossen wird sie mit einem Rückblick auf das Programm aus fachpolitischer Sicht. Der Koordinator des Münchener Projekts, der heute das Jugendamt der Landeshauptstadt leitet, und die Fachberaterin bewerten das Programm im Lichte der kommunal- und ausländerpolitischen Diskussion der Großstadt von heute.

Die Programmbegleiter Dr. Friedemann Tiedt und Hansjörg Lüking haben die laufende Dokumentation und Auswertung der Programmentwicklung und Projektbegleitung in eigener Verantwortung vorgenommen. Die Stiftung dankt ihnen und Frau Faust-Exarchos, Frau Dr. Jakubeit, Herrn Prof. Dr. Mayer und Hernn Dr. Schröer, die für die Koordination und Fachberatung in den Stadtteilprojekten zuständig waren, für die Mitwirkung an der Auswertung.

Die Stiftung hofft, daß dieser Band nicht nur Öffentlichkeit herstellt für das Vorhaben einer privaten Stiftung, sondern auch Handlungsmöglichkeiten aufzeigt in einem gesellschaftlichen Aufgabenfeld, das unverändert dringlich ist.

Stuttgart, im Juni 1994       Robert Bosch Stiftung