ARCHIV MIGRATION 1976 | |||
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CAROSELLO ein (makabres) Gesellschaftsspiel mit Ausländern | |||
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BISCHÖFLICHES ORDINARIAT LIMBURG 6250 Limburg, 13.9.1976 (Anschreiben zum Versand des vom Verfasser entwickelten Spiels) Betr.: Stingl in Hofgeismar: (Anrede) Mit dem heutigen Termin habe ich dem Präsidenten der Bundesanstalt für Arbeit, Herrn Josef Stingl, das Spiel CAROSELLO, ein Gesellschaftsspiel mit Ausländern übersandt. Dies ist eine Reaktion auf eine Aussage von Stingl, die er am vergangenen Wochenende bei einer Tagung von der Evangelischen Akademie Hofgeismar gemacht hat. Danach hält Stingl einen weiteren zahlenmäßigen Rückgang ausländischer Arbeitnehmer für wünschenswert. Das Spiel - im Handel nicht erhältlich - simuliert die Situation der ausländischen Arbeitnehmer zwischen Anwerbung und Integration. Seine Besonderheit liegt darin, daß es während des Spielverlaufs zu einem vorzeitigen und endgültigen Ausscheiden kommen kann. Außerdem kann die Spielanleitung - je nach Konjunkturlage - verändert werden. Ein Exemplar des Spiels füge ich Ihnen zur Information und Verwendung bei. Mit freundlichen Grüßen Bundesanstalt für Arbeit 8500 Nürnberg 1, 22. November 1976
Herrn 6250 Limburg
Darum und Zeichen Ihres Schreibens Mein Zeichen Betreff Sehr geehrter Herr Pfarrer Leuninger! Ich danke Ihnen für die Zusendung der Materialien. Wie Sie wissen, wurde auf Beschluß der 48. Arbeitsministerkonferenz einer Bund/Länder-Kommission unter der Federführung des Bundesministers für Arbeit und Sozialordnung die Aufgabe übertragen, eine zwischen Bund, Ländern und Sozialpartnern abgestimmte umfassende Konzeption für Ausländerbeschäftigung, insbesondere zu den Fragen des Familiennachzugs, Aufenthaltsrechts, einer künftigen Anwerbepolitik, der sozialen Integration sowie der Rückwanderung fortzuentwickeln. Die Kommission hat im August ihre Tätigkeit aufgenommen. Bei der Vielschichtigkeit der Probleme ist nur eine Lösung im Gesamtzusammenhang möglich. Dabei müssen die verschiedenen Interessen sorgfältig gegeneinander abgewogen werden. Einseitige Betrachtungsweisen helfen hier nicht. Sie selbst wollen sich offenbar mit der Notwendigkeit, den Zwang zur Wanderung, nämlich die wirtschaftlichen Unterschiede zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Entsendeländern zu verringern, nicht auseinandersetzen. Auch die Geschichtlichkeit des Menschen lassen Sie immer wieder außer Acht. Insofern halte ich es daher nicht für zweckmäßig, auf die von Ihnen übersandten Materialien einzugehen. Dies gilt insbesondere für das von Ihnen entworfene „Gesellschaftsspiel Carosello". lit freundlichen Grüßen Dr. Klose 35 Kassel den 14. Sept. 1976 Sehr geehrter Herr Pfarrer! Am Sonntag 12.9.1976 habe ich es sehr bedauert, dass ich mich von Ihnen nicht wenigstens verabschieden konnte. Es war geradezu ein Jammer, daß Sie an der Schlußdiskussion nicht teilnehmen konnten. An der Diskussion nahmen teil, Herr Himmelreich, Wiebringhaus, Livanios, Wischmann, Jorks und Richter vom DGB. Den Vorsitz führte Herr Nembach. Leider war es so, daß mit der Zeit Herr Richter das Wort führte und die anderen kaum noch zu Wort kommen ließ, geschweige denn aussprechen; sicher glaubte er, er müßte in dieser rabiaten Form die Interessen des DGB vertreten. Natürlich prangerte er nur das Verhalten der CDU-Länder Bayern, Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein an. Als ich ihm vorhielt, daß die Praktiken der hessischen Behörden zumindest gleichermaßen, häufig nicht einwandfrei den Ausländern gegenüber seien, räumte er ein, daß „natürlich auch andere Länder bei der Behandlung der Ausländer Fehler machen würden". Wie gesagt, es war sehr bedauerlich, daß Sie als meines Erachtens bei Weitem bester Kenner der Situation und des Rechts der Ausländer, in der allerdings ziemlich prominenten Runde, nicht anwesend waren. Ihnen allein war es zu danken, daß die beiden ersten Tage ein voller Erfolg wurden. Erlauben Sie, dass ich mich auf diesem Wege von Ihnen verabschiede und Ihnen meinen Dank sage. Mit freundlichen Grüßen BISCHÖFLICHES ORDINARIAT LIMBURG 6250 Limburg, 16.9.1976 Herrn 3500 Kassel
Lieber Herr Dr. Klose! Ich bedanke mich sehr herzlich für Ihren überaus freundlichen Brief vom 14.9.1976. Ihnen gegenüber hin ich eine Erklärung schuldig, warum ich entgegen meiner ursprünglichen Absicht, doch am Samstagabend noch abgereist hin. Eine unzulängliche Privatunterkunft, ein Termin um 14 Uhr in Limburg am Sonntag und eine niedrige Einschätzung der Podiumsdiskussion haben mich veranlaßt, vorzeitig zurückzukehren, Was Sie mir über den Verlauf der Diskussion berichten, bestätigt mich in meiner Entscheidung. Vermutlich wäre es zwischen Herrn Richter und mir zu einer Konfrontation, vielleicht sogar zu einem Eklat gekommen, an dem ich - als sehr gewerkschaftsfreundlich - in der augenblicklichen Situation nicht interessiert war. Sie müssen wissen, daß das dunkle Nachkriegskapitel der Ausländerbeschäftigung über weite Passagen mit Gewerkschaftstinte geschrieben ist. Ich habe mich über die Anerkennung, die Sie mir zuteil werden ließen, sehr gefreut und hoffe, ihnen bei einer ähnlichen Gelegenheit wieder zu begegnen. Mit besten Grüßen
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