Herbert Leuninger | ARCHIV KIRCHE 1983 | |
DIE FAMILIE IN DER EMIGRATION
UND IHR RECHT AUF EINHEIT UND
ZUSAMMENFÜHRUNG LEHRÄUSSERUNGEN
der
PÄPSTE
und des
II. VATIKANISCHEN
KONZILS aus den Jahren 1941 - 1983 Eine Auswahl in Auszügen -
Zusammenstellung im Hinblick auf die innerkirchliche Entscheidungsfindung:
Herbert Leuninger,
Bischöfliches Ordinariat
Limburg,
Stand: 19.9.1983 - Hauptquelle: Acta Apostolicae Sedis (AAS)
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Es ist oft unvermeidlich, daß manche Familien aus diesem oder jenem Land auswandern, um anderswo eine neue Heimat zu suchen. Dabei tritt, nach der Lehre der Enzyklika "Rerum Novarum" das Recht der Familie auf Lebensraum, in den Vordergrund; wo es Berücksichtigung findet, erreicht die Emigration, wie die Erfahrung oft zeigt, ihr natürliches Ziel, d.h. eine bessere Verteilung der Menschen über dem gesamten anbaufähigen Boden der Erde, die Gott zur Nutzung für alle Menschen schuf.
Während in der unmittelbaren Nachkriegsperiode aus vorwiegend politischen Gründen die Wanderung von größeren Menschengruppen von einem Land ins andere nicht möglich war, ist jetzt die Stunde gekommen, wo nicht nur Arbeitnehmer sondern auch ihre Familien neue Lebens- und Arbeitsmöglichkeiten in der Fremde suchen. PIUS XII. Wir sind sehr erfreut darüber, daß die geistigen und moralischen Werte, die bei der Ein- und Auswanderung erhalten, geschützt und gefördert werden müssen, auf Eurem Kongress so starken Widerhall fanden, nämlich die Würde und Rechte der menschlichen Person und der Familie, auf daß die Einheit der Familie, erhalten bleibe, daß sie in der Fremde ein neues Zuhause begründen kann und dort das Lebensnot-wendige vorfindet, damit sie zufrieden und Gott wohlgefällig leben kann.. Schon 1941 anlässlich des Gedenkens an "Rerum Novarum", unterstrich seine Heiligkeit hinsichtlich der Emigration das Recht der Familie auf Lebensraum, ein Recht - das im Fall der landwirtschaftlichen Arbeiter auf die Natur der Erde begründet ist. Der heilige Vater hat verschiedentlich seine väterliche Sorge diesbezüglich ausgedrückt, wie z.B. in seiner Weihnachtsbotschaft 1952 "Wenn die Ehegatten den von Gott begründeten, unantastbaren Gesetzen des Lebens treu bleiben wollen, oder wenn sie - in Verfolgung dieser Absicht- versuchen, sich von dem Zwang zu befreien, der sie im Vaterland einengt und dabei kein anderes Heilmittel finden als die Auswanderung.... dann seht nur wie sie von den Bestimmungen einer organisierten Gesellschaft gehindert, werden, von einem erbarmungslosen Gesetz, von bloßen Berechnungen, vermittels derer bereits festgesetzt wurde, wie viel Personen unter bestimmten Voraussetzungen von einem gegebenen Land unterhalten werden könnten oder sollten, nicht nur gegenwärtig sondern auch zukünftig. Und durch solche mathematische Voraussagen wird versucht, sogar das Gewissen zu mechanisieren. " Plus XII. Die Familie sollte im Mittelpunkt aller derer stehen, die sich mit den Wanderungsproblemen befassen. Vom rein wirtschaftlichen Standpunkt aus gesehen, ist nicht das Individuum das Kriterium der Wirtschaft, sondern, die Familie, da nämlich der Mensch nicht isoliert, sondern von Geburt an in der Familie lebt. Nicht das Individuum, die Familie ist die Basis der sozialen Wirtschaft. Diese Betrachtungen betreffen den Auswanderer und seine Familie noch mehr als alle anderen. PIUS XII. Die Emigration wurde unter den gegenwärtigen Gegebenheiten zu einem internationalen Problem, das nur durch kollektive Übereinkommen gelöst werden kann Außerdem ist es unabdinglich, sich auf der Grundlage der Einheit der Familie besonders um die moralischen und kulturellen Bande zwischen den Völkern zu bemühen.... JOHANNES XXIII. Nicht geringer ist unsere Sorge um diejenigen, die gezwungen von der Notwendigkeit, sich die Mittel zum Leben zu verschaffen oder auch von den traurigen Bedingungen in ihrem Land genötigt oder wegen religiöser Verfolgungen ihr Vaterland verlassen mussten…… Wir hegen die feste Hoffnung, daß all dies dazu beitragen wird die Aufnahme der Immigranten im fremden Land zu erleichtern, ihre Zahl zu erhöhen und die Zusammenführung der Familien zu bewirken; die Wiederherstellung der Einheit der Familie, wird einerseits dem Wohl der Einwanderer selbst, ihrer Religion, ihren guten Sitten und ihrer wirtschaftlichen Lage dienen, andererseits aber auch dem Wohlergehen der Nation, die die Einwanderer aufnimmt. Zwei wichtige Faktoren spielen im Prozess dieser Eingliederung eine Rolle: Die Familie und die beruflichen Fähigkeiten. Genau dies unterstrich Papst Johannes XXIII. In seiner bereits zitierten Rede anlässlich der 12. Sitzungsperiode des zwischenstaatlichen Komitees für europäische Wanderung: "Sie wissen besser als irgendwer sonst, daß diese Wanderungen Trennungen nach sich ziehen, die manchmal schmerzlich sind. Jeder Versuch gelöste Bindungen wiederzuknüpfen, muss soweit wie möglich ermutigt werden. Und Ihre Organisation hat sich hier viele Verdienste erworben, indem sie - durch das Familienzusammenführungsprogramm – einem wesentlichen Aspekt der seelisch-geistigen Eingliederung des Emigranten in das neue Land dient.
Wir kennen auch die Schwierigkeiten, die ein so komplexes Problem für die Regierungen mit sich bringt; es steht aber außerdem fest, daß, wenn man - wie Sie es tun - die Familienzusammenführung begünstigt, gerade hiermit die Eingliederung des Auswanderers im neuen Land erleichtert. Solange der Auswanderer nur isoliert dasteht, von den Seinen getrennt, ist er gleichsam entwurzelt. Von seiner Frau und seinen Kindern umgeben, stellt er dagegen ein positives Element für das soziale Leben dar." JOHANNES XXIII. Zur Familie übergehend, weist der Papst (PlUS XII.) darauf hin, welche Bedeutung das Privateigentum an den materiellen Gütern als Lebensraum der Familie habe; es soll "dem Familienvater die nötige Freiheit und Unabhängigkeit sichern, deren er bedarf, um die vom Schöpfer selbst ihm auferlegten Pflichten hinsichtlich des leiblichen, geistigen und religiössittlichen Wohles der Familie erfüllen zu können". Eben darin gründet auch das Recht der Familie auszuwandern. Unser Vorgänger mahnt darum, die verantwortlichen Lenker der Staaten, die die Auswanderung freigeben, wie jene, die neue Menschen aufnehmen, "alle etwa möglichen Hindernisse eines wirklichen Vertrauens zwischen dem Heimatland und dem der Einwanderung zu beseitigen". JOHANNES XXIII. Die mit der Sorge um Auswanderer und Flüchtlinge Betrauten sollen auch nicht aus dem Auge verlieren, daß die Familie für den Auswanderer eine unantastbare Zuflucht bleibt, in der er neue Kräfte schöpft, wieder zu sich selbst kommt und Energie für neue Anstrengungen sammelt. Mit der Familie ist auch die beste Basis gegeben für eine Eingliederung in die menschliche Gemeinschaft: So wünschen wir lebhaft, die religiösen und staatlichen Institutionen mögen die Neubildung dieser fundamentalen Zelle der Gemeinschaft begünstigen, mag das auch harte Opfer kosten; JOHANNES XXIII. Was die Familien betrifft, so steht fest, daß sie das Lebenszentrum des Europas der Personen und Völker darstellen und nicht für die Organisation der europäischen Länder geopfert werden können... Es werden auch Maßnahmen nötig sein, um innerhalb der ständig zunehmenden Bevölkerungsbewegungen die Stabilität der Familie aufrecht zu erhalten. Der Heilige Vater erinnerte kürzlich mit Nachdruck daran, anlässlich der Wanderungsprobleme: "Die Familie bleibt für den Auswanderer eine unantastbare Zuflucht, wo er seine Kraft schöpft, sich selbst wiederfindet und Energie für neue Anstrengungen schöpft. Die Familie ist außerdem nach allgemeiner Auffassung seine beste Chance, sich in die neue menschliche Gemeinschaft einzufügen." Diese äußerst wichtige und unersetzliche Rolle, die die Familie spielt, können diejenigen, die Europa bauen helfen, nicht ignorieren. PAUL VI. …die in ihren ersten Erscheinungsformen oftmals viele Schwierigkeiten, Qualen, Leid und Gefahren für den Auswanderer in sich bergen. Die Folgen sind voller Leid verschiedenen, Ursprungs und auch voller Gefahren für diejenigen Familienangehörigen, die im Heimatort verweilen, und die so ihren Ehepartner entbehren, der in fremde und ferne Örtlichkeiten ausgewandert ist. Die würdigen Ziele, die es zu verfolgen gilt sind, den Respekt und die Würde der Arbeiter zu garantieren, und zu versuchen, die Einheit der Familien aufrecht zu erhalten. Paul VI. Unsere Vorgänger haben bereits mit Nachdruck darauf hingewiesen und wir unterstreichen unsererseits, daß es eine ernste Pflicht der verantwortlichen Behörden ist, sich sorgsam um Ankunft und Eingliederung der Gastarbeiter und um ihre Wohnverhältnisse zu kümmern und dafür zu sorgen, daß die Familie so rasch wie möglich dem Gastarbeiter folgen kann... Wir wollen aber die Gelegenheit ergreifen, geliebte Brüder, die Aufmerksamkeit der zuständigen Behörden zu lenken auf Ihre tiefe Besorgnis hinsichtlich der Aufnahme, Unterbringung und Familienzusammenführung. Die Regierungen der Länder, die ausländische Arbeitskräfte beschäftigen, ebenso wie die europäischen Organisationen haben alle zur- Wahrung der Würde des Arbeiters und seiner Lebensumstände geeigneten Maßnahmen zu ergreifen. PAUL V I . PAUL VI. Gerechtigkeit und Billigkeit gebieten ferner die für wirtschaftlichen Fortschritt unerlässliche Mobilität so zu regeln, daß das Leben der Einzelnen und der Familien nicht ungesichert oder gefährdet wird. Die aus anderen Völkern und Ländern herangezogenen Arbeiter, die durch ihre Arbeit zum wirtschaftlichen Aufstieg des Volkes oder Landes beitragen, dürfen, was Entlohnung und Arbeitsbedingungen angeht, in keiner Weise diskriminiert werden. Alle im Aufnahmeland, namentlich aber die öffentlichen Stellen, dürfen sie nicht als bloße Produktionsmittel behandeln, sondern haben ihnen als menschlichen Personen zu begegnen und sollen ihnen helfen, ihre Familien nachzuziehen und sich angemessene Wohngelegenheit zu verschaffen, sollen auch ihre Eingliederung in das gesellschaftliche Leben des Aufnahmelandes und seiner Bevölkerung begünstigen. PAUL VI Sie (die Kirche) empfindet die harte Notwendigkeit, die den. Auswanderer zwingt seine Heimat zu verlassen. Sie spürt die Schwierigkeiten, denen er begegnet, um sich in sein neues Milieu einzugliedern, um seine Rechte geltend zu machen, wie z.B. das Recht, seine Familie bei sich im Einwanderungsland zu haben...
Und gerade das ist es, was Eurem Verband sein wahres Gepräge und seinen ganz besonderen Wert und Verdienst vor Gott und Gesellschaft verleiht, nämlich das Bemühen um die Familie, die so notwendigen Familienbande aufrechtzuerhalten, ihre Zusammenführung zu fördern und ihre Mitglieder in besonderen schwierigen Verhältnissen und kritischen Augenblicken zu unterstützen... Welche Ermutigung, welch ehrenvolle Anerkennung Eurer Arbeit brachten Euch später die Worte voll ernster Mahnung, die das Konzil zu diesem Problem formulierte. So heißt es in der Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute:" Gegen über Arbeitern jedoch, die aus einem anderen Lande oder einer anderen Gegend stammen und. zur wirtschaftlichen Förderung des Volkes oder Landes beitragen, muss jede Diskriminierung in Bezug auf die Lohn- oder Arbeitsbedingungen tunlichst vermieden werden. Außerdem dürfen alle, besonders die staatlichen Autoritäten nicht einfach als bloße Produktionsmittel, sie müssen sie mehr als Personen betrachten und ihnen dabei helfen, dass sie ihre Familie zu sich nehmen und für eine- angemessene Wohnung sorgen können..." Und in dem Erlaß über das Laienapostolat wird auf’s Neue die Pflicht herausgestellt, "innerhalb der Wanderung das Zusammenleben der Familie voll und ganz zu respektieren". PAUL VI. Das natürliche Recht des Menschen wird bekräftigt, die materiellen und geistigen Güter zu besitzen, die "ein volleres und leichteres Erreichen der eigenen Vollendung ermöglichen". Wenn jedoch der Staat wegen fehlender Mittel oder wegen Überbevölkerung seinen Einwohnern diese Güter nicht zur Verfügung stellen kann oder Verhältnisse schafft, welche die Würde des Menschen verletzen, hat der Mensch das Recht auszuwandern, sich im Ausland eine neue Heimstätte zu suchen und sich menschenwürdige Lebensbedingungen zu verschaffen. Dieses Recht steht nicht nur dem einzelnen, sondern auch der ganzen Familie zu. Und deswegen „soll in der Organisation des Aus- und Einwanderungswesens das Zusammenleben der Familien in jeder Weise sichergestellt sein", indem den Bedürfnissen der Familien hinsichtlich Wohnung, Kindererziehung, Arbeitsbedingungen, sozialer Sicherheit und Steuern Rechnung getragen wird. Die Behörden würden das Anrecht des Menschen grob missachten, wann immer sie sich der Auswanderung oder der Einwanderung widersetzen oder ihr Hindernisse in den Weg legen, wenn nicht schwerwiegende Gründe des Gemeinwohls dies verlangen. PAUL VI. Ein weiterer Gegenstand Unserer Sorge ist die schwierige Lage der vielen Arbeiter, die ihr .Heimatland verlassen haben und im fremden Land, ungeachtet des Beitrags, den sie zu dessen wirtschaftlichem Wohlergehen leisten, es schwer haben, ihre Rechte geltend zu machen. Es ist ein dringendes Gebot, das nationalistischer Engherzigkeit entspringende Verhalten ihnen gegenüber abzustellen und für sie einen rechtlichen Status vorzusehen, der ihnen das Recht der Auswanderung gewährleistet, die Einbürgerung erleichtert, ihren beruflichen Aufstieg begünstigt und ihnen ausreichende Unterkunftsmöglichkeiten sichert, wodurch es ihnen ermöglicht würde, ihre Familien nachkommen zu lassen.,. (Presse-Information) Mit Freude würdigte der Papst in diesem Zusammenhang die Bemühungen der EG um die Gastarbeiter und ihre Familien. Nach rein wirtschaftlichem Denken könne die Familie der Gastarbeiter nur eine "unproduktive Belastung" darstellen. Für den einzelnen Betroffenen sei ihr Schicksal aber ein dringendes Problem. Es gehe darum, meinte Paul VI., den ausländischen Mitbürgern ein Familienleben zu sichern, ihnen und ihren Kindern die Integration in die Kulturwelt des Gastlandes zu ermöglichen, ohne dass sie dabei ihre ursprüngliche Identität verlören.
PAUL VI Das Wissen, das die Kirche in Christus in Bezug auf den Mensch gewonnen hat, macht sie zum "Anwalt der Menschlichkeit" und verpflichtet sie, feierlich die grundlegenden Rechte des Menschen zu verkünden und ihre prophetische Stimme zu erheben, wenn diese Rechte mit Füßen getreten werden, und sich mit Ausdauer und Weitsicht für die menschliche Entwicklung einzusetzen.
Besonderes Verständnis hat sie für die Welt der Arbeit gezeigt und hier speziell für die Emigranten und das "Supremum Magisterium" hat immer wieder die Menschenrechte proklamiert und in einigen Fällen ist sie über die bisherigen Formulierungen hinausgegangen, in Situationen, die von der Mobilität hervorgerufen wurden. Kernpunkt der kirchlichen Darlegungen ist die Würde der menschlichen Person mit Ausschluss jedmöglicher Diskriminierung. Von hier leiten sich die universalen, wesentlichen und unaufgebbaren Rechte ab, die zusammenfassend so formuliert werden können: das Recht, frei im eigenen Land zu leben, ein Heimatland zu haben, sich innerhalb des eigenen Landes frei bewegen zu können, ins Ausland auswandern zu können und sich dort aus legitimen Gründen nieder zu lassen und überall mit seiner Familie zusammen leben zu können... und in jeder Situation gemäß seiner menschlichen Würde behandelt zu werden.
Die praktische Anwendung dieser Rechte und die Pastoral denkt in ihrem Einfühlungsvermögen immer daran - fügt sich in den Begriff vom Gemeinwohl ein, umfaßt die ganze Völkerfamilie und steht über jeglichem Klassen- oder Nationalegoismus. (Nr.17) JOHANNES PAUL II. In Übereinstimmung mit diesen Grundsätzen möchte die Kirche heute die Aufmerksamkeit auf ein schwerwiegendes Phänomen von großer Aktualität lenken: Die Gastarbeiter! Angesichts dieser Tatsache erinnert die Kirche immer wieder daran, dass es hierbei, wie auch in anderen Bereichen nicht darum gehen kann, den wirtschaftlichen, sozialen und politischen Faktor über den menschlichen zu setzen, sondern, dass über allem die Würde des Menschen steht und alles sich danach ausrichten muß. . Die Arbeit darf also nicht zur Zerstörung der Familie führen; im Gegenteil, sie muss sie einen, ihr helfen, ihren Zusammenhalt zu vertiefen. Die Rechte der Familie müssen tief in die Grundlagen jedes Arbeitsgesetzes eingeschrieben sein, da dieses ja den Menschen und nicht bloß Produktion und Profit zum Inhalt hat.
Die Familie ist die Keimzelle der Gesellschaft, auch wenn sie heute, besonders in der Emigration, ein sehr verwundbarer Teil derselben geworden ist. Die Emigranten-Familie ist der Gefahr ausgesetzt, nicht nur von der allgemeinen Krise heimgesucht werden, sondern, gerade weil sie in besonderer Weise von dem Phänomen der Migration betroffen ist, in ihrem zweifachen Lebenselement getroffen zu werden, nämlich der Stabilität und ihrem Zusammenhalt. Fünfzig Millionen Menschen werden heute als Emigranten betrachtet. In diesem großen Strom befinden sich Hunderttausende von Ehemännern oder Ehefrauen, die gezwungen eine ungewollte Trennung auf sich nehmen, auch wenn man mit Erleichterung feststellen kann, dass die Zusammenführung, der Ehepartner und der Familienangehörigen mit immer größerem Interesse und wachsender Sorgfalt in der Gesetzgebung und in den internationalen Abkommen behandelt wird, die darauf hinzielen, die Auswanderungspolitik zu ordnen und zu regeln.
JOHANNES PAUL Il. Es muss bei all diesen Bestrebungen immer darum gehen, die Menschen aus anderen Ländern bei Euch nicht nur als Arbeitnehmer mit wirtschaftlichen Maßstäben zu beurteilen, sondern dahinter den Mitmenschen mit seiner Würde und seinem Recht zu sehen, mit seiner Sorge für die Familie, mit seinem Anspruch in all seinen Lebensbereichen ernst genommen zu werden und einen gerechten Anteil am Gemeinwohl zu erhalten.
JOHANNES PAUL Il. Gleichwohl ist die Emigration, wenn auch in mancher Einsicht ein Übel, so doch unter bestimmten Umständen ein, wie man sagt, notwendiges Übel. Man muss darum alles daran setzen - und sicher geschieht bereits vieles zu diesem Zweck - dass dieses objektive Übel nicht größere Schäden in moralischer Hinsicht mit sich bringt, ja, dass es sogar soweit wie möglich zu einem Vorteil für das persönliche, familiäre und soziale Leben, der Emigranten werde, und dies im Einblick auf das Gastland wie auch auf das Herkunftsland. In diesem Bereich hängt sehr viel von einer gerechten Gesetzgebung ab, besonders wenn es um die Rechte des arbeitenden Menschen geht. Die Arbeitsemigration darf in keiner Weise eine Gelegenheit zu finanzieller oder sozialer Ausbeutung werden.
JOHANNES PAUL II. Die Charta der Familienrechte 46... In der Tat, so beklagt es die Synode immer wieder-, ist die Lage sehr vieler Familien in verschiedenes Ländern mit zahlreichen Problemen verbunden ja oft genug ausgesprochen belastet: Institutionen und Gesetze missachten willkürlich die unverletzlichen Rechte der Familie, ja der menschlichen Person, und die Gesellschaft geht, anstatt sich in den Dienst der Familie zu stellen, gegen deren Werte und Grundbedürfnisse gewaltsam vor. Die Familie, die im Plane Gottes. die erste Lebenszelle der Gesellschaft und. noch vor dem Staat und jeder anderen Gemeinschaft Träger von Rechten und Pflichten ist, wird so zum Opfer einer Gesellschaft, deren Hilfsmaßnahmen oft schleppend oder zu spät kommen, und die ihr gegenüber sogar offenkundige Ungerechtigkeiten begeht. Darum verteidigt die Kirche offen und nachdrücklich die Rechte der Familien vor den untragbaren. Anmaßungen der Gesellschaft und des Staates. Im einzelnen haben die Väter der Synode unter anderem folgende Rechte der Familie genannt:
CHARTA DER FAMILIENRECHTE (VERTRAULICHER ENTWURF) ARTICLE 12 a) Families of migrants should enjoy the same social protection as that accorded to other families, as well as respect for their own culture and assistance towards their free integration in the communiity to which they contribute by their work;
b) Workers who have been led to emigrate are entitled to have their family join them;
c) Public authorities and interested international organisations will facilitate the reunion of the family of refugees. JOHANNES PAUL II. Für das Gastland und seine Bevölkerung ergibt sich die Aufgabe, die Arbeiter aus der Fremde zuerst als Menschen aufzunehmen und ihnen brüderlich zu begegnen. Sie dürfen nicht als bloße Arbeitskraft oder als Mittel für die Produktion betrachtet werden, die man möglichst billig zu erwerben und auszunutzen sucht, vielleicht sogar unter Umgehung der geltenden Sozialgesetze. Alle, vor allem aber die öffentlichen Stellen, sollen ihnen helfen, in angemessenem Rahmen ihre Familien nachzuholen und sich eine entsprechende Wohnung zu verschaffen. Sie sollen ferner ihre Eingliederung in das gesellschaftliche Leben begünstigen. |