Société international pour la garde des animaux de ferme
International Society of Livestock Husbandry

 

 


Stellungnahme zum Vorschlag der EU-Kommission für eine Richtlinie zur Legehennenhaltung

(30. Juli 1998)

Im März 1998 hat die EG-Kommission einen Vorschlag für eine Richtlinie des Rates zur Festlegung von Mindestanforderungen zum Schutz von Legehennen in verschiedenen Haltungssysternen vorgelegt. Die neue Richtlinie soll nach dem Willen der Kommission die Tierschutzprinzipien des Europäischen Übereinkommens zum Schutz von Tieren in landwirtschaftlichen Tierhaltungen respektieren, insbesondere das in Art.3 dieses Übereinkommens verankerte Gebot, Tiere entsprechend ihren physiologischen und ethologischen Bedürfnissen zu ernähren, unterzubringen und zu pflegen.

Der Vorschlag der Kommission für die neue Legehennenrichtlinie sieht u.a. vor,

  • daß Käfighaltungen, die ab 1.1.1999 neu gebaut, umgebaut oder erstmals in Betrieb genommen werden, Legenester, Sitzstangen sowie " Einstreu zum Sandbaden der Tiere" enthalten müssen (Art. 3 Abs 1, "ausgestalteter Käfig"),
  • daß Käfighaltungen, die am 1.1.1999 bereits in Betrieb sind, ohne wesentliche Änderungen noch bis zum 31.12.2008 weitergeführt werden dürfen (Art.4) sowie
  • daß den Mitgliedstaaten zugestanden wird, auch nach dem 1.1.1999 neue Käfige ohne Nest und ohne Staubbad zuzulassen, sofern die Käfige mit einer Sitzstange ausgestattet sind, mindestens 50 cm Höhe aufweisen und den Hühnern zumindest 800 qcm Bodenfläche pro Tier zur Verfügung stellen.

Die IGN weist mit Nachdruck auf die erheblichen Mängel hin, die diesem Richtlinienvorschlag anhaften: Auch in den "ausgestalteten Käfigen", werden elementare arteigene Verhaltensweisen der Hühner - wie Gehen, Laufen, Streckbewegungen, Schutzverhalten, insbesondere aber arttypisches Nahrungserwerbsverhalten - unterbunden.

Das Fehlen eines zur Nahrungssuche und -aufnahme geeigneten Erkundungsraumes, der mit Stroh oder einem Strohgemisch eingestreut sein müßte, führt zu Federpicken, einer Verhaltensstereotypie, die mit erheblichen Leiden verbunden ist.

Aus naturwissenschaftlicher Sicht unhaltbar ist insbesondere, wenn Art. 3 Abs 1 lit. c des Richtlinienvorschlages genügen lässt, "Einstreu zum Sandbaden der Tiere" vorzusehen, wobei offenbar an die ausschließliche Verwendung von Sand gedacht wird. Sand ermöglicht kein nahrungsbezogenes Verhalten.

Die Äusserung der Kommission, "Legehennen brauchen mindestens einmal täglich Zugang zu Futter", übersieht, daß Hühner nahezu den ganzen Lichttag über nach Nahrung suchen. Daher muß ihnen das Futter im Trog sowie die Stroheinstreu ganztägig zugänglich sein.

Obwohl es das Ziel der Richtlinie ist, den Tieren arteigene Verhaltensweisen und damit ein besseres Wohlbefinden zu ermöglichen, wird weiterhin eine äußerst geringe Beleuchtungsstärke (unter 10 lux) zugelassen, um die Tiere künstlich ruhig zu stellen und Federpicken und Kannibalismus zu vermindern.

Junghennen bleiben von den Bestimmungen der Richtlinie ausgenommen, sollen also auch künftig unter den derzeitigen Käfighaltungsbedingungen aufgezogen werden können. Dies ist umso unverständlicher, als die Kommission selbst anerkennt, "daß die Bereitstellung von Streu in der Aufzuchtperiode wesentlich dazu beiträgt, das Risiko von Federpicken bei ausgewachsenen Tieren zu verringern".

In der mit ihrem Richtlinienvorschlag herausgegebenen "Mitteilung an den Rat und an das Eüropäische Parlament über den Schutz von Legehennen in verschiedenen Haltungssystemen" hat die EG-Kommission wesentliche Bedürfnisse von Legehennen ausdrücklich anerkannt. Umso unverständlicher ist, daß in weiten Teilen des Richtlinienvorschlages diesen Erkenntnissen der Kommission nicht Rechnung getragen wird.

Die IGN stellt fest, daß die vorgeschlagene Richtlinie die erheblichen Nachteile der derzeitigen (tierquälerischen) Käfighaltung nur unwesentlich vermindert; die Richtlinie wird so den rechtsverbindlichen Vorgaben des Europäischen Tierhaltungsübereinkommens nicht gerecht.

Die IGN fordert daher die EG-Kommission auf,

  • grundsätzlich keine Form der Käfighaltung zuzulassen, sowie
  • Mindestanforderungen für alternative Haltungssysteme (Boden-, Volieren- und Freilandhaltung) auszuarbeiten, die die Gebote aus Art. 3 und Art. 4 des Europäischen Tierhaltungsübereinkommens voll und ganz respektieren und verwirklichen.