Herbert Leuninger ARCHIV ASYL

Mahnwache
am 23.06.2005 um 11.00 Uhr
auf dem Düsseldorfer Flughafen,
Parkplatz vor der "Alten Fracht"

Bleiberecht jetzt!
Keine Abschiebung von Minderheiten in den Kosovo!

(Konzept einer Rede, die wegen der besonderen Situation auf dem Flughafen durch eine freie Ansprache ersetzt wurde. Fotos)

Der Deal des Bundesinnenministers mit UNMIK

Darauf hatte das Ministerium von Bundesinnenminister Schily schon länger gewartet. Dass es grünes Licht für die Abschiebung von Minderheiten in den Kosovo von UNMIK, der internationalen Übergangsverwaltung erhält. Im April war es dann soweit. Das BMI kann in Berlin einen Deal mit UNMIK machen. Die zwangsweise Rückführung von Menschen, die bislang vor einer Abschiebung sicher waren, kann beginnen.

Die Absprache sieht vor, dass ab Mai 2005 monatlich 300 Angehörige der ethnischen Minderheiten für die zwangsweise Rückführung vorgeschlagen werden sollen. Ab Juli 2005 soll das Kontingent auf 500 pro Monat erhöht werden. Ab Januar 2006 soll es gar keine zahlenmäßige Begrenzung möglicher Abschiebungen mehr geben. Insgesamt leben in Deutschland über 54.000 ausreisepflichtige Kosovaren. Von dieser Gruppe sind ca. 8.000 Personen Ashkali, 1.800 sind Ägypter und 24.000 Roma und Sinti.

PRO ASYL betrachtet das neue Übereinkommen zwischen BMI und UNMIK als „humanitären Dammbruch. Angesichts der fragilen Sicherheitslage im Kosovo sind die nun drohenden Abschiebungen von Minderheitenangehörigen aus dem Kosovo nichts anderes als die Fortsetzung einer „zynischen Versuchsreihe“. Auf der Strecke bleiben: Moral und Flüchtlingsschutz.

Das Bundesinnenministerium stellte sich damit auch gegen einige Innenminister, eine Altfallregelung für Minderheiten aus dem Kosovo zu erreichen. Inzwischen hat sich die versprochene Abschaffung der Kettenduldungen durch das Zuwanderungsgesetz als Luftnummer erwiesen. Jetzt sollen Menschen, die schon lange hier leben, um eine sichere Zukunft in Deutschland betrogen werden.

Zur Lage im Kosovo

Erinnern wir uns: Die blutigen Unruhen im Kosovo im März 2004 liegen erst ein Jahr zurück. Es war zu einer Eskalation ethnisch motivierter Gewalt im gesamten Kosovo gekommen. Die Region geriet an den Rand eines bewaffneten Konflikts. Weder KFOR noch UNMIK waren in der Lage, den Gewalttaten Einhalt zu gebieten.

Noch im März 2005 hat das UN-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) die Sicherheitslage im Kosovo als „zerbrechlich und unberechenbar“. Angehörige von Minderheitengemeinschaften seien nach wie vor der Gefahr ethnisch motivierter Zwischenfälle ausgesetzt, Transporte würden mit Steinen beworfen, einzelne Personen tätlich angegriffen, belästigt oder eingeschüchtert. Eigentum und Besitz von Angehörigen ethnischer Minderheiten würden geplündert, zerstört oder illegal in Beschlag genommen, Friedhöfe und Grabstellen geschändet und Hassparolen an die Wände öffentlicher Gebäude geschmiert.

UNHCR schließt ein erneutes Umkippen der fragilen Sicherheitslage und der Ausbruch neuerlicher Gewalttätigkeiten für das Jahr 2005 nicht aus. Interethnische Ausschreitungen in nur einer Gemeinschaft könnten dabei wie bereits im März 2004 zu einem Domino-Effekt führen. Binnen kurzer Zeit könnten sie sich auf das gesamte Gebiet des Kosovo ausweiten. In diesem Fall wären erneut Ziel gerichtete Übergriffe auf ethnische Minderheiten zu befürchten.“

UNHCR macht in einer gewissen Spannung zu dieser Einschätzung Unterschiede zwischen den Minderheiten. Er glaubt dass „in Einzelfällen auch bei Angehörigen der Volksgruppe Ashkali und der Ägypter ein Bedürfnis nach internationalem Schutz fortbestehen kann“. Dieses Schutzbedürfnis müsste in Einzelverfahren geprüft werden“. Bei Kosovo-Serben und Roma sowie Angehörigen der albanischen Volksgruppe soll dies anders sein. Wo diese sich als Minderheit befinden, ist UNHCR unverändert in großer Sorge.

Bleiberechtsregelung für langjährig Geduldete

PRO ASYL fordert seit langem eine Bleiberechtsregelung für langjährig geduldete Menschen. Das Zuwanderungsgesetz ist eine große Enttäuschung und bringt keine Lösung für diese Bevölkerungsgruppe in Deutschland. Wir gehen von rund 217.000 geduldeten aus. 150.000 von diesen leben seit über fünf Jahren in Deutschland. Ihr Status ist weitgehend rechtlos und erniedrigend. Die Bundesrepublik ist damit, das ist meine persönliche Meinung, für schwere traumatische Schäden verantwortlich, die diese Menschen erleiden. Trotz weitgehender Eingliederung, gerade auch der Kinder in unsere Gesellschaft, können sie keine sichere Zukunft planen, die Abschiebung droht jederzeit.

Menschen, die über mehrere Jahre in Deutschland gelebt haben, müssen ein sicheres Aufenthaltsrecht erhalten und die Chance darauf, ihre Fähigkeiten und Potenziale voll zu entfalten – zu ihrem eigenen Wohl und zum Wohl der Gesellschaft. Wenn wir die Integration der dauerhaft hier lebenden Migrantinnen und Migranten ernsthaft anstreben, dürfen wir die langjährig Geduldeten nicht außen vor lassen. Eine Schlussstrichregelung wäre gesellschaftlich verantwortlich, ökonomisch vernünftig und nicht zuletzt ein Gebot der Humanität.

Fremdenfeindlicher Wahlkampf

Die Lage verschärft sich. Wieder planen die sogenannten christlichen Parteien einen Wahlkampf der Fremdenfeindlichkeit. Am Montag hat PRO ASYL den Bayerischen Innenminister Günther Beckstein (CSU) und des stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Wolfgang Bosbach scharf angegriffen. Sie wollen die Frage der weiteren Zuwanderung nach Deutschland im Wahlkampf „massiv“ thematisieren . Die Migrationsabteilung der DGB-Bundesvorstands und der Interkulturelle Rat haben mit PRO ASYL zusammen in einer gemeinsamen Erklärung dieses Vorhaben verurteilt.

Es heißt in dieser Stellungnahme: „Wer Sozialneid schürt und Migranten und Flüchtlinge zu einer Ursache der aktuellen ökonomischen Krise erklärt, gibt die Betroffenen als Sündenböcke frei und riskiert, dass sie verstärkt zur Zielscheibe rechtsgerichteter Angriffe werden“. Dies würde ein schwerer Schaden dem politische System der Bundesrepublik. schweren Schaden zu.

Wir stehen hier um die Republik und viele Menschen vor schwerem Schaden zu bewahren.