Tür zur Gaskammer
Türe zur Gaskammer I im Konzentrationslager Auschwitz

Die
Rettung einer Jüdin

Dr. Dorothea Klein überlebt in Mengerskirchen

(nach einem Bericht von Eva Krecks)

M

athilde Redenbacher war Verwalterin des Hörterhauses in Mengerskirchen. Seit Oktober 1940 befand sich die Apotheke zur Miete im Hörterhaus. Eva Krecks war Pächterin der Apotheke. 1942 zog eine bombengeschädigte Frau Weber, eine frühere Bekannte von Mathilde Redenbacher, ins Hörterhaus. Frau Weber lebte bescheiden, beteiligte sich aber auch an Nähstunden der NS-Frauenschaft, sie wurde dazu aufgefordert.

1945 offenbarte Frau Weber der amerikanischen Besatzungsmacht ihre wahre Identität. Sie war Dr. Dorothea Klein, Tochter eines berühmten jüdischen Arztes in Berlin, Kurfürstendamm. Dr. Klein machte 1930 in Berlin Staatsexamen als Kunsthistorikerin (Anm.1) und bekam eine Stelle in einem Museum. Sie verlor diese Stelle bald nach der Machtergreifung und mußte schließlich in einer Berliner Rüstungsfabrik arbeiten.

1942 wurde sie in einen Zug nach Auschwitz beordert. Auf dem Berliner Bahnhof wurde ihr Namen, wohl von einem SS-Mann, aufgerufen. Sie stieg aus, meldete sich bei dem Mann, der ihr zuraunte: ,,Hauen Sie ab!" Es wird vermutet, daß der Reichsärzteführer Dr. Leonardo Conti, dessen Lehrer einmal der Vater von Frau Klein war, sich für sie verwandt hatte. Frau Klein versteckte sich während eines nächtlichen Fliegerangriffs auf Berlin in einem U-Bahn-Schacht und suchte am nächsten Morgen eine Freundin in Zehlendorf auf. Mit Hilfe der Freundin und eines cleveren Briefträgers erhielt sie Papiere auf den Namen: Dorothea Weber. Sie machte sich 10 Jahre älter, um den Kriegsdienst-Verpflichtungen zu entgehen. Dann kam sie zu ihrer alten Bekannten Mathilde Redenbacher, die sie in Kenntnis der tödlichen Gefahr (Anm. 2) bis 1945 beschützte.

Diesen Sachverhalt hat Frau Dr. Dorothea Klein Frau Eva Krecks 1945 persönlich berichtet.

Frau Klein verließ Mengerskirchen, über ihr weiteres Leben hat Eva Krecks nichts mehr erfahren.

Text auf einer Bronzetafel, die am 18. Juli 1994 am Mathildenbrunnen in Mengerskirchen angebracht wurde.

MATHILDE REDENBACHER

geb.16.12.1877 in Kulmbach/Oberfranken
gest.25.12.1950 in Weilburg

Tochter eines evangelischen Pfarrers, lebte während des Zweiten Weltkrieges im Hörterhaus in Mengerskirchen.

Unter Lebensgefahr versteckte sie in der Zeit von 1942-1945 die Jüdin Frau Dr. Klein im Hörterhaus.

Frau Redenbacher war eine wahrhafte Christin. Ihr Glaube verlieh ihr die Tapferkeit, die Jüdin in ihrer Wohnung zu schützen, nicht achtend der großen Gefahren für ihr Leben.

Der von der Ehrenbürgerin Frau Eva Krecks gestiftete Mathildenbrunnen wurde nach dieser tapferen Frau benannt.

Mathildenbrunnen von Cäcilia Breuers (größer)


Anmerkungen

(1)
Nach einer e-mail von Roderick Miller an Herbert Leuninger vom 22. 2. 2007 ist Frau Klein unter Kunsthistorikern immer noch bekannt.

Sie ist auch aufgeführt bei
Wendland, Ulrike.
Biographisches Handbuch deutschsprächiger
Kusthistoriker im Exil. KG Saur Verlag. München, 1999.

Danach wurde Dorothea Klein am. 30.10.1903 geboren und verstarb am 12.12.1951.

Das Buch ist u.a. in der Berliner Zentralbibliothek zu finden.

(2)
Alois Leuninger aus Mengerskirchen hat am 10.3.1977 einen Brief an den Landesverband der jüdischen Gemeinden in Hessen mit Sitz in Frankfurt gerichtet. Darin heißt es u.a.: "...Übrigens erzählte mir eine alte Frau dieser Tage Folgendes: 'Bei mir wohnte ein Ehepaar in der Hitlerzeit in Miete, das etwas "braun gefärbt" war. Die Frau äußerte mir gegenüber die Absicht, die Frau Dr. Klein (alias Frau Weber) im Hörterhaus wegen ihrer jüdischen Abstammung zur Anzeige zu bringen. Daraufhin habe ich ihr gedroht, sie aus meinem Haus zu schmeißen, wenn sie dies tue.'" (Anm. von Herbert Leuninger: Offensichtlich ist daraufhin eine Anzeige unterblieben. Diese Mitteilung ist aber ein Beweise dafür, daß das Schicksal von Frau Klein in Mengerskirchen durchaus bekannt war und Frau Klein dennoch bis zum Kriegsende geschützt werden konnte. Dies erklärt sich aus der ablehnenden Haltung der katholischen Bevölkerung von Mengerskirchen gegenüber dem Nationalsozialismus.)