Franz Leuninger
Die Grundschule von Mengerskirchen wurde nach Franz Leuninger benannt. Die Einweihung der Schule fand am 31. August 1973 statt (Foto). 

Begrüßung


Rektor Bäcker, Franz-Leuninger-Schule Mengerskirchen 

Meine sehr geehrten Damen und Herren,  

I

n einem geplanten Aufruf Stauffenbergs sind folgende Sätze zu lesen: 
    Unser Ziel ist die Wahrung auf Achtung, Hilfsbereitschaft und soziale Gerechtigkeit gegründete Gemeinschaft des Volkes. Wir wollen Gottesfurcht anstelle von Selbstvergottung, Recht und Freiheit anstelle von Gewalt und Terror, Wahrheit und Sauberkeit anstelle von Lüge und Eigennutz. Wir wollen unsere Ehre und damit unser Ansehen in der Gemeinschaft der Völker wiederherstellen. Wir wollen mit besten Kräften dazu beitragen, die Wunden zu heilen, die dieser Krieg allen Völkern geschlagen hat und das Vertrauen zwischen ihnen wieder neu beleben"


Im Namen (Originalton) der Familie Leuninger, der Gemeinde Mengerskirchen und der Franz-Leuninger-Schule, begrüße ich Sie alle recht herzlich zu dieser Feierstunde, in der wir des Widerstandskämpfers Franz Leuninger gedenken möchten, der sein mutiges Auftreten für Freiheit, Menschenrechte und Demokratie am 1. März 1945 mit seinem Leben bezahlt hat.  
Ich bitte um Verständnis, wenn ich von den vielen geladenen Ehrengästen nur einige namentlich begrüßen kann.  

Stellvertretend für das Land Hessen begrüße ich den Fraktionsvorsitzenden der SPD im Hessischen Landtag, Herrn Armin Clauss und den CDU Landtagsabgeordneten, Herrn Karlheinz Weimar. Für den Landkreis Limburg-Weilburg begrüße ich Herrn Landrat Dr. Manfred Fluck, und für die Schulaufsicht Frau Schulamtsdirektorin Ingrid Pleinötter. Als Stellvertreter der Heimatgemeinde Franz Leuningers, begrüße ich Herrn Bürgermeister Robert Becker. Stellvertretend für die katholische und evangelische Kirche heiße ich Herrn Bezirksdekan Alois Staudt und Herrn Pfarrer Ohlemacher willkommen. Mein Gruß gilt ebenso dem stellvertretenden Landesvorsitzenden des DGB, Herrn Gerd Lütgert. Ich freue mich, ebenfalls meinen Vorgänger, Herrn Rektor Horz, den ersten Schulleiter der Franz Leuninger Schule, begrüßen zu können. Besonders herzlich aber begrüße ich die beiden Söhne Franz Leuningers, die Herren Walter und Herbert Leuninger sowie alle Anverwandten und Freunde der Familie. Ich freue mich über das Interesse von Rundfunk und Presse an dieser Feierstunde und begrüße deren Vertreter.  

Zum Glück, meine Damen und Herren, leben wir heute in einer ganz anderen Zeit, als vor 50 Jahren. Die Mittel zum Protestieren sind rechtlich abgesichert und nahezu unbegrenzt. Aber die Anforderungen an ein verantwortungsbewußtes Leben gelten heute wie damals.  

Wachsamkeit ist immer angesagt. Dies gilt besonders für die Schulen, denen nicht nur die Wissensvermittlung, sondern auch die Gewissensbildung ihrer Schüler aufgetragen ist. Als Leiter der Franz-Leuninger-Schule habe ich mir Gedanken gemacht, wie wir den neun- und zehn-jährigen Kindern bereits klarmachen können, was Widerstand bedeutet und was ein Widerstandskämpfer ist.  

In einem kurzen Gespräch versuchen nun Schüler der 4. Klasse dies ihren Alterskameraden klarzumachen.  
 

Gespräch von Schülern der 4. Klasse 

 

"Hallo Michael, hallo Sarah, grüß Dich Nadine, seid ihr auch froh, daß Boris hier zum Klassensprecher gewählt worden ist." 
    "Ich freue mich darüber, denn Boris bemüht sich immer, daß kein Streit in der Klasse entsteht." 
"Ja, er hatte auch zu Swenja gehalten, als sie die Malaufgaben noch nicht richtig begriffen hatte." 
    "Mein Opa hat gesagt, daß er es gut findet, wenn wir in der Schule schon in freier und geheimer Wahl unsere Klassensprecher wählen können. Bei denen hat es das früher nicht gegeben. Sie konnten ihre Politiker noch nicht einmal frei wählen." 
"Sind unser Bundeskanzler und unsere Regierung denn nicht frei gewählt worden?" 
    "Doch, meine Eltern haben mir von der letzten Wahl erzählt. Da geht jeder in eine Einzelkabine und kreuzt die Person oder Partei an, die er für die beste hält. In der Zeit des letzten Weltkrieges war das in Deutschland nicht so. Da durfte man noch nicht einmal wagen, etwas gegen den damaligen Kanzler, der Adolf Hitler hieß, zu sagen." 
"Ja, Hitler hat damals viele Menschen in die Gefängnisse stecken oder sie sogar zum Tode verurteilen lassen. Nur weil sie gesagt haben, daß er an dem schlimmen Weltkrieg schuld sei." 
    "Mein Opa ist auch im Krieg gefallen. Meine Oma weint immer, wenn sie vom Opa spricht. Der war nämlich erst 28 Jahre alt, als er im Krieg erschossen wurde." 
"Stell' Dir mal vor, das wäre heute noch so. Meine Eltern haben schon oft auf die Regierung geschimpft. Wenn das heute noch so wäre, dann säßen meine Eltern jetzt vielleicht auch schon im Gefängnis." 
    "Wir kritisieren in der Schule ja auch unsere Lehrer und werden trotzdem nicht bestraft." 
"Wenn ich etwas nicht richtig finde, dann kann ich einfach den Mund nicht halten. Da muß ich etwas sagen, egal vor wem das ist." 
    " Hat denn (Originalton) früher niemand gewagt, dafür zu sorgen, daß ein so schlechter Kanzler wie Adolf Hitler in seinem Amt zurücktreten mußte?" 
"Doch, ich weiß von einem. Der hat als Kind sogar hier in Mengerskirchen gewohnt. Er hieß Franz Leuninger." 
    "Franz Leuninger? Du bist ja verrückt, so heißt doch unsere Schule." 
"Ja, nach dem ist doch unsere Schule benannt worden. Franz Leuninger war ein Widerstandskämpfer." 
    "Widerstandskämpfer? Was ist das denn?" 
"Meine Mama hat mir das mal erklärt. Franz Leuninger hat mit vielen anderen Männern und Frauen versucht, die Ungerechtigkeiten und Grausamkeiten, die Hitler gemacht hat, den Menschen zu erzählen und Hitler in seinem Amt zu stürzen. Wenn ihnen das gelungen wäre, dann hätten Millionen von Menschen ihr Leben nicht im Krieg lassen müssen. Am 20. Juli 1944 sollte Hitler sogar durch eine Bombe umgebracht werden. Die Bombe ist damals zwar explodiert, aber Hitler wurde nur leicht verletzt. Hitler hatte alle Menschen, die von dem Bombenanschlag wußten, hinrichten lassen. Und zu diesen Leuten gehörte auch Franz Leuninger, und das sind heute, am 1. März, genau 50 Jahre her." 
    "Das tut mir aber leid für die armen Menschen, die damals im Krieg erschossen wurden. Trotzdem müssen wir froh sein, daß es immer wieder Menschen gibt, die sich für die Gerechtigkeit einsetzen." 
"Was haben wir es doch so gut. In unserem Land gibt es keinen Krieg mehr, und wir können unsere Sprecher und Regierungen frei wählen und dürfen alles sagen, was wir denken." 
    "Ich glaube, soviel Mut wie die Widerstandskämpfer hätte ich nicht gehabt." 
Alle: "Ich auch nicht."