Philosophisch-Theologische Hochschule Vallendar

17. April 2002
Prof. Dr. Paul Rheinbay, Rektor
Rede zur Emeritierung von Prof. Dr. Ernst Leuninger

 

 

Lieber Kollege Ernst Leuninger,
liebe Mitbrüder
Provinzial Hannappel und Kretz,
sehr geehrter Herr Generalvikar Dr. Geis,
sehr geehrte Weggefährten
von Ernst Leuninger aus der persönlichen Groß-Familie und der grossen Familie des Bistums,
liebe Doktorsöhne
unseres Emeritanden aus Europa und Afrika,
liebe Kollegen und Studierende,
liebe Festgemeinschaft!

Die Pastoraltheologie stellt im Kanon theologischer Disziplinen eine Schnittstelle dar zwischen Wissenschaft und dem Leben christlicher Gemeinschaften. Sie ist keine Anwendungswissenschaft, mahnt aber die anderen Disziplinen immer wieder an, den konkreten glaubenden Menschen, die Situation christlicher Gemeinde nicht aus dem Blick zu verlieren.
In Dir, lieber Ernst hatten und haben wir einen Fachvertreter, der unsere Hochschule in vielfältiger Weise mit dem "Draussen" verbunden hat.
Du gehörst zu den Ersten, die als Nicht-Pallottiner in unserem Kollegium mitarbeiteten, zuerst als Honorarprofessor, dann seit einigen Jahren nun als "ordentlicher " Lehrstuhlinhaber. Es war auch die gute Erfahrung mit Dir, die uns ermutigte, den Personenkreis der bei uns Lehrenden zu öffnen. Du hast diesen Weg immer mit viel Sympathie und Solidarität begleitet.

Deine Liebe gilt der am Wort Jesu und seiner Haltung ausgerichteten Theologie. Dich in sie hinein zu vertiefen war für dich Motiv, in schon nicht mehr ganz jugendlichem Alter, Dich nebenberuflich in so manchen Nacht- und Freizeitstunden nochmals wissenschaftlichen Prüfungen und Herausforderungen zu stellen. Neben Deiner diözesanen Arbeit im Bereich Gemeinde und Erwachsenenbildung wurdest Du zu einem Lehrer der Theologie. In Veranstaltungen unserer Fakultät wie auch des IWW, in vielen wissenschaftlichen Publikationen und pastoralen Arbeitshilfen hast Du die Situation glaubender Menschen und Gemeinschaften im Heute reflektiert, hast du von jüdisch-christlicher Glaubenstradition her Impulse gegeben. Dafür danke ich Dir im Namen unseres Kollegiums und auch im Namen unseres Moderator Generalis, P.Provinzial Norbert Hannappel, ganz herzlich.

Dabei bist du jedoch nicht nur Lesemeister, sondern mindenstens genauso Lebemeister. Denn: Deine Liebe gilt den Menschen, besonders denen auf der Unrechtsund Gewaltseite des Lebens. Deine Hilfe als "guter Hirte" in Bosnien und im Kosovo steht symptomatisch für eine von Dir vertretene Kirchliche Soziallehre, die nicht in erster Linie das Almosengeben lehrt, sondern auf der Seite der Ausgerandeten für Gerechtigkeit kämpft und Hilfe zur Selbsthilfe gibt. Auch hier war es Dein Anliegen, unseren Blick weit werden zu lassen.

Deine Liebe gilt den Menschen, besonders denen, die sich hier noch fremd fühlen. Deine Promovenden aus Afrika, besonders sie und natürlich die anderen auch, werden bezeugen, dass Du in der Begleitung Dich in sie hinein versetzt hast, ihnen menschenmöglich weit entgegen gekommen bist, ohne den wissenschaftlichen Anspruch zu relativieren. Jedoch - Du beziehst ihre Erfahrung kirchlicher Realität mit ein.

Deine Liebe gilt nicht nur den unmittelbar erreichbaren Menschen. Du warst schon früh fasziniert von den wachsenden technischen Möglichkeiten, Texte und Bilder über das Internet weltweit zugänglich zu machen. Leuninger.de ist eine Adresse, die von vielen angeklickt wird. Es hat uns - Kollegen und Studierenden - gut getan, von Dir immer wieder auf diese Möglichkeit hingewiesen zu «erden. Dass wir hier in den letzten Monaten ein Stück weiter gekommen sind, hast Du erst in den letzten Tagen mit einem befriedigten Lächeln bestätigt, und dabei hast Du uns oft mit Rat und Tat zur Seite gestanden.

Deine Liebe gilt den Menschen in den Gemeinden. Deswegen freut es mich, Vertreter aus der Leitung und der KAB des Bistums Limburg begrüssen zu können, in dem Du lange Jahre tätig warst. Ich danke Ihnen, Herr Generalvikar, und durch Sie Bischof Kamphaus, dass das Engagement von Ernst Leuninger bei uns bereits in dieser Zeit möglich war - mehr als möglich, weil es von Ihrer Seite mit Sympathie begleitet wurde.

Die zunehmend schwierigere pastorale Situation in den Gemeinden ist Dir, Ernst, ein Leid und zukünftige pastorale Mitarbeiter zu qualifizieren, dass sie in dieser Situation intellektuell und ganzmenschlich bestehen können - das ist Dir ein großes Anliegen. Dass Gemeindedienst und Gemeindeleitung durch Priestermangel nicht ausgehöhlt wird, dafür hast Du in Deinem Buch über Gemeindeleitung ein vehementes Plädoyer verfasst. Wie kann Gemeinde überleben? Wie kann inspirierende Leitung in veränderter Form geschehen? Woran müssen wir festhalten und was ist wandel- oder aufgebbar? Diesen Fragen wirst Du nun in Deiner Abschieds-Vorlesung, in der wir nicht nur vorgelesen bekommen, nachgehen. Gerne gebe ich das Wort deswegen an Dich weiter.